Bands der StundeMeilensteine

THE END OF MUSIC / MURDER SHE WROTE / THE BEAUTYFUL DEAD

~ Ein halbes Musikerleben oder die Geschichte von langjährigen Freundschaften ~


Keine andere Band hat mich in den letzten 26 Jahren so inspiriert und begleitet (bzw. ich sie) wie THE END OF MUSIC und die Reinkarnationen MURDER SHE WROTE und THE BEAUTYFUL DEAD.

Höchste Zeit, meine wirren Gedanken zu einer Hommage und Retrospektive eines einzigartigen Phänomens in der Musiklandschaft zu ordnen.

Mein Kopfkino befördert mich zurück in die 90iger Jahre. Noch bevor der angehende Musikfreak endlich dank Führerschein die Welt um Provinzdiscos, Coverbands in Heimat und Nachbardörfern hinter sich lassen kann, um die große, weite Welt der selbst gemachten Mucke zu entdecken, fällt ihm beim Durchstreifen der Kaiserslauterner Erstligastadtfußgängerzone (ja, schön war’s damals) ein Plakat ins Auge, welches er Zeit seines Lebens nicht wieder vergessen wird:

THE END OF MUSIC

steht in großen Lettern darauf – umrahmt von einem simplen Muster (welches definitiv noch den Weg auf meine Haut finden wird) und der kleingedruckten Fußzeile: ‚Independent Metal Wave Rock‘.

„???“ – denkt sich der musikalisch aufgeschlossene, aber noch unerfahrene Jüngling – „was soll’n des sinn?“ ‚Independent‘ kennen wir. Das ist SISTERS OF MERCY und FIELDS OF THE NEPHILIM. ‚Metal‘ ist natürlich in diesen Jahren der Hauptaugenmerk und wir sind live dabei, als alle heute bekannten Stilrichtungen erfunden werden, vor allem das damalige Dreiergespann um die besten Sänger meines Universums: HELLOWEEN, QUEENSRYCHE und den für mich damals auf Augenhöhe spielenden Lokalmatadoren SUPERIOR. Wave ist schon der Scheideweg für viele – ich stehe damals jedoch sogar offen zu meiner Leidenschaft für DEPECHE MODE und DURAN DURAN und lege damit schon die Weichen für meinen weiteren musikalischen Lebensweg, nichts zu verleugnen und allem eine Chance zu geben, was wer-auch-immer-sei-dank bis heute anhält. Zu guter Letzt ist da noch ‚Rock‘. Das bedeutet ALLES von THE WHO bis QUEEN … und ist essentiell! Doch sollte es einige Zeit dauern, bis ich endlich die Gelegenheit hatte, dem Mysterium von ‚Independent Metal Wave Rock‘ Auge in Auge zu begegnen und mein Leben und meine Auffassung von Musik für immer zu ändern.

Im Irish House hält die Zeitmaschine nun 1991 an und entlässt mich in eine Welt von Trockeneisnebel, unglaublicher Intensität, Clean-, Schrammel- und Metalgitarren, ungewöhnlich eingesetztem Keyboard, anspruchsvollem Drumming, ausgefeilten Bassläufen und über all dem schweben die variablen, meist dunklen und faszinierenden Vocals eines gewissen Axel Westrich, der diese unbeschreiblich eigenständigen Stücke epischen Ausmaßes mit ungezügelter Leidenschaft darbietet, bis zur abschließenden Coverversion von VOIVODs ‚The Prow‘! Wer zum Geier covert VOIVOD? Wie schreibt man solche Musik? Was überhaupt war das? Was für ein Abend!

Nachdem dem ungläubigen Sänger von einem nüchternen Less (remember Führerschein?) gebetsartig bescheinigt wurde, dass dies das großartigste Erlebnis meines damals 21 Lenze zählenden Lebens darstellte, fand sich glücklicherweise beim damaligen Gitarristen Martin Enke noch ein Tape des ersten Demos im Fahrzeug, welches die nächsten Wochen das Cassettendeck meines ersten Autos nicht mehr verlassen sollte. Die gänsehautverursachende, stimmungsvoll-nachdenklich beschriebene Gesellschaftsstudie einer U-Bahnfahrt in ‚Different Dreams‘, direkt gefolgt vom epischen Bandklassiker ‚A Voice From Eternity‘ ließ die Heimfahrt durch die Nacht zu einem unvergesslichen Trip in neue musikalische Welten werden. Seite B überzeugte mit dem fantastischen ‚Horizons‘ und dem düster-doomig beginnenden, in sechs Teile untergliederten Jahrhundertwerk ‚Approaching To The Dreamland‘. Ich bin mir nicht sicher, wann ich das zu Hause geparkte Fahrzeug verließ und wie ich danach schlafen konnte, jedoch hatte ich die Gewissheit, im Besitz des wertvollsten irdischen Kleinodes in Form einer Kassette zu sein – von da an mein Schaaaaaatz!

Die Undergrounderfolgsgeschichte ging weiter mit dem zweiten, schlicht ‚Live‘ betitelten, da direkt live aufgenommenen Demo, das mit den rhythmisch treibenden Auftakten ‚Planets In Rotation‘ auf der A-Seite und ‚Behind Closed Doors‘ auf der B-Seite direkt weitere unverkennbare All-time-Hits und dem abschließenden ‚Within The Hall Of Souls‘ wiederum einen balladesken Epik-Knaller ohne Gleichen aufzuweisen hatte.


– MK II-Besetzung –

Das dritte Demo ist als Ultrararität selbst mir nicht bekannt und blickt zurück auf das Jahr 1991 mit vorher unveröffentlichten Livemitschnitten des epischen Meisterwerks ‚Call Of Sitara‘ und der Death Metal-Nummer ‚Uglified‘. Ja – richtig gelesen: Die musikalische Bandbreite konnte zeitweise nur befriedigt werden, indem auch mal nach erfolgtem Spaßexperiment bei der Hauptband kurzerhand in leicht veränderter Besetzung ein Funprojekt namens THE DEATH OF MUSIC ausgebrütet wurde. Dies gipfelte sogar Jahre später in der Aufnahme der hervorragenden Independent-Black Metal-Wave Rock-EP HANOM, die in den Archiven lediglich den in unserer Mitte als ‚King Hennmond‘ oder ‚Ralf Henneman‘ bekannten Fronter als Member nennt und die – nebenbei musikalisch hochwertig – locker einige der ganz Bösen Buben in der Szene auf die Kindersitze verwies – doch das nur am Rande.

Leider sind viele dieser frühen Juwelen nie offiziell erschienen und das digitale Vermächtnis in Form der einzigen CD ‚Wait For Ages‘, welche nach gefühlt zeitalterlangem Warten für die Fangemeinde und ewigem Entstehungsprozess für die Band 1995 erschien, führte zu Kopf- und Bauchschmerzen auf Musikerseite (aufgrund diverser eiliger finaler Titel- und Coverentscheidungen in Personalunion) und Begeisterungsstürmen auf unserer Seite. Dies war das erste Mal in meinem jungen, finanziell bescheidenen Leben, dass ich 10 CDs kaufte, um a) sicherzustellen, dieses epochale Werk der Nachwelt erhalten zu können und um b) guten Freunden nicht nur ein Küsschen schenken zu müssen. Ein vom Titeltrack zu ‚Terminator‘ beeinflusstes Intro eröffnet eine posthume Werkschau, welche Bandklassiker und aktuelle Stücke darbot, wie zum Beispiel das wunderschön schwebende ‚A Winterlandscape‘, die ultimative Indiecoverversion von AMERICAs ‚Horse With No Name'(!), das bereits die musikalische Zukunft andeutende ‚Circle Of The Fish‘ oder die punkige, eigentlich noch unbetitelte Reminiszenz an eine Kultband, die kurzerhand ohne Bandmitsprache ‚Dead Kennedys‘ genannt wurde. Kurz darauf waren THE END OF MUSIC nach Umbesetzungen am Bass und den Keys leider Geschichte. Rest in Peace, THE END OF MUSIC – ewigen Dank für die musikalische Bewusstseinserweiterung und zeitlose Klassiker an Martin Enke (Gitarre), Chris Kerbelis (Schlagzeug), Timo Piechotta (Bass), Gregor Roth (Tasten), Andreas Thinnes (Gitarre) und natürlich Axel Westrich (Gesang, damals auch Flying V), der mit den beiden letztgenannten die zweite Stufe der grenzenlosen musikalischen Individualität einläuten sollte:

MURDER SHE WROTE

Die drei ehemaligen END OF-Musiker nahmen den ebenso begnadeten und in der Lautrer-Szene bestens bekannten Drummer Michael Sprengard mit an Bord, um das nächste Kapitel in Form des überragenden ‚Egypt‘-Demos (1995) aufzuschlagen. Basstechnisch sollte sich in den folgenden Jahren das Besetzungsrad beinahe dem sprichwörtlichen Wechsel der Unterwäsche entsprechend drehen.

Alex Bemme übergab das Staffelholz an den unerreicht motivierten, live alle Texte mitsingenden Christian Betz, dem ein polnisches Gastspiel namens Epa inklusive immer anwesendem Dolmetscher folgte, bis man endlich in Tom Zimmermann-Steitz fündig wurde und endlich Ruhe auf der Position einkehrte – abgesehen von einem erneuten Intermezzo durch den sympathischen Björn Ziehbur, dem die Ehre zu Teil wurde, einen Gig in der altehrwürdigen Kammgarn KL zu bestreiten, bei welchem das Publikum mit zwei brillanten Covern überrascht wurde. Zum einen NICK CAVEs ‚Henry Lee‘ im Duett mit der famosen Ruth Börner-Staub und zum anderen MARILLIONs ‚Heart Of Lothian‘.


– Axel –

An dieser Stelle sei angemerkt, dass gemäß meines ersten TEOM-Live-Erlebnisses die Tradition von unvorhersehbaren Coverversionen über die Jahre gepflegt wurde. Aufgrund der unterschiedlichen Charaktere und der stilistischen Breite der Kompositionen sollte mittlerweile auf der Hand liegen, dass sich dieses Programm wie das ‚Who is who‘ der Musiklandschaft darstellte: NEW MODEL ARMY ‚I Love The World‘ (lange vor ANACRUSIS), HEROES DEL SILENCIO ‚Entre Dos Tierras‘ (bevor es JEDER im Radio mitsingen konnte oder auch nicht), RUSH ‚Dreamline‘, SACRED BLADE ‚The Pressing'(!), GENERATION X ‚Triumph‘, THE DAMNED ‚Shadow Of Love‘, SLAYER ‚Hell Awaits'(!!) oder CANDLEMASS ‚Solitude‘. Letzteres wurde sogar so leidenschaftlich auf und vor der Bühne zelebriert und mit eigenen getragen-doomigen Nummern gemischt, dass es nur logisch war, diesen gefeierten Auftritt als ‚Messiah Westrich‘ in Kutte und unter Langhaarperücke zu bestreiten.


– Alex –

Ebenso wurde die Mannschaft unserer Protagonisten von den kongenialen CELTIC FROST dermaßen enttäuscht, dass hier sogar ein Sideprojekt zur Seelenheilung unumgänglich erschien. Unter dem treffenden Namen CELTIC FRUST führte man die fassungslos begeisterte Anhängerschar bei mehreren Gelegenheiten auf eine ‚Journey Into Fear‘ geradewegs nach Mega Therion ins Pandemonium.


– CELTIC FRUST –

Doch zurück zum Wesentlichen: Nicht allzu weit vom Ende der Musik entfernt, machte besonders Axel Westrich wesentliche Schritte, seinen Gesangsstil zu verfeinern – weg vom gezwungen düsteren ‚FIELDS‘-Pathos hin zu organischeren Vocals, die uns das überragende, von herrlich schräger Orgel dominierte ‚A Room With No View‘, den traumhaft stimmungsvollen Reisebericht des damals noch von religiösen Fanatikern nicht komplett in Schutt und Asche gelegten ‚Palmyra‘ oder den weiteren klassischen Longtrack ‚Egypt‘ bescherten, zu dessen Liveumsetzung in der Location Kammgarn die kultige Feuershow eines Freundes inklusive spontaner Selbstentzündung (ging erfreulicherweise gut aus) auf der Bühne bei allen Beteiligten unvergessen bleiben wird.

Allgemein wurde bei MURDER SHE WROTE mehr gegroovt und experimentiert, obwohl die klassischen THE END OF MUSIC-Trademarks doch stets vorhanden waren. Das 1997 erschiene Nachfolgedemo ‚Colors‘ zeigte die mittlerweile zusammengewachsene Band mit dem kraftvollen ‚The Way Things Change So Suddenly‘, der Melodie-Orgie ‚Chase Meridian‘ oder dem spacigen STAR TREK-Kracher ‚Uhura‘ in absoluter Höchstform und Herr Westrich baute seine neue Wohlfühlstimmlage fernab des Düsteren weiter aus. Den Abschluss bildete der ausgefeilte Progressivmetaltrack ‚The First Day: Dying‘, der jeden Anhänger dieser Musikrichtung zum Niederknien bewegen sollte – und das nach dem in Freundeskreisen oft belächelten Ausspruch des Gitarristen Andreas: „Nie wieder Metal!“ Leider setzte dieser Meilenstein auch der Keyboardära Gregor ‚Egor‘ Roth – der für viele neben seiner humorvollen Art auch fast sowas wie das Bandmaskottchen war (er überraschte die Fanschar einst mit nacktem, blau bepunkteten Oberkörper an den Keys!) – ein Ende und Volker Cullmann übernahm den Posten.


– Alex & Egor –

An dieser Stelle beendete sie 1999 das Kassettenzeitalter mit der ersten unbetitelten CD in diesem Bandgefüge, worauf eine neu aufgenommene Auswahl der beiden Demos und drei neue Stücke enthalten waren – unter anderem sehr gelungen der getragene, nachdenkliche Zwischenpart bei ‚Shatter My Illusions‘.

Die EP ‚Diva‘ von 2001 setzte erneut durch Ideenreichtum, Abwechslung und einem bunten Strauß unvergesslicher Melodien die Messlatte unfassbarer Weise höher. Ob es nun der flotte, bombastische, 80er RUSH-beeinflusste Opener ‚Time Is On My Side‘ sei, bei dem Westrich in ungeahnte gesangliche Höhen aufstieg, das sehr entspannt beginnende ‚Walther: Frozen‘, welches sich im weiteren Verlauf zur Hymne steigerte, oder der Riffhammer ‚Box Of Moonlight‘, bei dem sagenhaft dynamisch erneut alle Register der musikalischen Vergangenheit bis hin zu schrägen VOIVOD-Harmonien gezogen wurden.

– MK II-Besetzung –

Die Tradition der epischen, sich ständig neu erfindenden, nie Längen aufweisenden Longtracks erlebte ihren monumentalen Höhepunkt auf dem leider letzten, jedoch professionell erstklassischen 2006er Output in Form der CD ‚Past Incomplete‘, die in edler Blechhülle mit sehr schönem Booklet und abgefahren-herrlichem 60ies Retrocover inklusive Aufkleber erschien und als Magnum Opus das Ende der MURDER SHE WROTE-Ära besiegelte. Wer Musik liebt, sollte diese CD besitzen – ich selbst bin froh, dass mir noch drei Stück geblieben sind, welche im Hause verteilt jederzeit ohne Raumwechsel den Zugriff darauf ermöglichen – mein zweiter Schaaaaaaatz!


-some unknown supporter-

Die nach der EP benannte, auf dem Werk enthaltene, höchst progressive ‚Diva Trilogy‘ mit ihren DOORS Anleihen und das jeden Fan in trauriger Seligkeit zurücklassende Abschlussgeschenk ‚The Gentle Light Of Sound‘ sind schlicht und einfach Jahrhundertwerke. Dazu gesellt sich endlich die jahrelange Fanschlampe ‚Uhura‘ (sorry, Nichelle Nichols!), die fabelhafte Doomexkursion ‚Submission‘, die musikalische Eruption in Form des großen Dramas ‚Ages‘ und natürlich der regelrechte Power Metal-Slasher ‚Second Anthem‘ (NIE wieder Metal-hahaha), der in eine Hymne für die Ewigkeit mutiert.
And then there were two.

THE BEAUTYFUL DEAD

War es nach THE END OF MUSIC wenigstens noch die Dreierkernmannschaft, so mussten sich Axel und Tom diesmal nach einer kompletten Bandhälfte umschauen, was glücklicherweise mit den mächtigen Palm Brothers und der zusätzlichen Liveunterstützung durch den umtriebigen Patrick Fuchs (IVORY NIGHT / ROSS THE BOSS / HAMMER KING) mit Bravour gelang.

Das Erstaunliche an der Reinkarnation unter dem Namen THE BEAUTYFUL DEAD ist wohl die Tatsache, dass trotz der eher metallischen Orientierung der neuen Mitglieder der Wave-Aspekt und die noch nie vorher so starke Ausrichtung auf elektronische Sounds neben den großartigen Melodien im dazu passend wieder düsterer gesungenen Gewand im Vordergrund standen. Dafür wechselte der Drumvirtuose Patrick Palm extra auf ein elektronisches Drumkit, während elegische Gitarrensoli und speziell live die heavy Gitarren einen einzigartigen Kontrast setzen, was aber im Gesamtkontext ein unglaublich stimmiges Bild erzeugt.

Die Demo CD ‚Reaching Out‘ strafte jeden Zweifler Lügen, der die Harmonie von tanzbaren Rhythmen, wunderbaren Gesangslinien und verzerrten Gitarren weit abseits der Neuen Deutschen Härte anzweifelte. ‚She Moved Along‘ in seiner schwebend-wavigen Stimmung, die powervollen Synth-Hits ‚Reaching Out‘ und ‚Sound To The Worksong‘ (keiner wird glauben, dass fast alle Effekte und Percussion-Spielereien per Hand eingetrommelt wurden – aber ich kann euch versichern, dass dies sogar teilweise live in bester Neil Peart-Manier zelebriert wurde!) und das epische Finale ‚Beside The Wall‘ mit seinem gänsehautverursachenden Jahrhundertabschluss ließen keinen Zweifel daran, dass man sich und den Independent-Metal-Wave-Rock erneut neu erfunden hatte.

Nicht nur das, denn darüber hinaus stand mit Patrick Palm ein technikaffiner Soundtüftler und Produzent zur Verfügung, dessen Marketingstrategien wohl auch später seinem Alter Ego Vinz und LORD VIGO auf die Erfolgsschiene verhalfen. Hier muss die brillante Idee der Maxi CD ‚Ghost In The Garden‘ erwähnt werden: Eine CD in Schallplattenoptik, schlummernd in einer 5 ¼ Floppydisk, auf deren Hülle das kunstvolle Negativfoto einer mystischen Schönheit prangt.

War nun das Interesse geweckt, sollte im Jahre 2011 die erste offizielle CD ‚Moonlight And Hollywood‘ ihr Übriges tun … und das tat sie. Neben den vorab vom Demo bekannten Stücken in leicht getunten Versionen, bestach dieser musikalische Paukenschlag durch den die neue Synthzeit meets MANILLA ROAD Kauzgitarren einläutenden, klasse strukturierten Opener ‚The Beautiful Undead‘, die unkitschige Ballade ‚To Feel Down‘, das durchstampfende Beatmonster ‚Kosmonaut‘, die Reminiszenz an unser aller Keyboardmaskottchen und KRAFTWERK – besser hätten es die Altmeister nicht machen können – ‚Cosmic Egor‘ und das sphärische, durch Keyboardteppiche und Akustik- als auch elegischer Sologitarre getragene Titelstück.

Auf selbigem ausnahmslos hohen Niveau bewegte sich auch der 2013er Zweitling ‚To Lunar Canyons‘. Die Waverhythmik und der dunkle Gesang wurden bei ‚Neon Judas‘ und der bereits erwähnten Maxi ‚Ghost In The Garden‘ konsequent fortgeführt. Der treibende Hit inklusive Rocksolo und Metalfinale ‚Rabbid Eye Movement‘, das von SACRED BLADE-Gitarren und KRAFTWERK-Keys getragene ‚To Lunar Canyons‘ sowie das exzellente, getragene, sich in einen musikalischen Orgasmus steigernde Epic-Finale ‚Down Below‘ beschworen erneut eine mystische Stimmung erster Kajüte herauf. Abwechslung wurde wie in all den vorangegangenen Jahren auch hier abermals großgeschrieben, wie die wunderschön fließende Indieballade ‚Festival Of Light‘, das kongenial SIMPLE MINDS und U2 zitierende ‚Road Up To The Sky‘, der an ‚Horse With No Name‘ erinnernde, heldenhafte Western Noire ‚Drowning In Sand‘ und das unbekümmert swingende ‚Incognito‘ vom ersten Demo bewiesen.

Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen – man weiß nie was man bekommt. Dies war wohl das Motto des dritten Outputs ‚Nightmare’s Coming To Town‘ (2014) – jedoch mit der Gewissheit, dass man sich bei dieser Band immer mit einem Maximum an Kreativität unterhalten sieht. Diesmal sollten die Punk- und Indie-Roots in einem humorvollen, sozialkritischen Kontext gewürdigt werden. THE BEAUTYFUL DEAD spielten sich hier mit einem Rundumschlag frei von unkigen Kritikerstimmen beim fetzigen Opener ‚We Won’t Let Go‘, fragten sich dabei textlich, ob man zum Jubiläum nach 25 Jahren die Flinte ins Korn schmeißen oder weitermachen solle und schlossen mit dem trotzigen Fazit: „It’s music for assholes – so listen to it!“ Sogleich wird danach beim Titelstück frech und frisch weiter losgepunkt, ‚Lost & Found‘ entpuppt sich als wahrer Schrammelohrwurm, die Generation FB bekommt mit ‚Bizarre‘ ihr Fett weg, S.O.D. wird mit ‚Pig Damnation‘ gewürdigt, die entspannt-jazzig swingenden Strophen von ‚Attack From The Inside‘ bieten sich gar für den Soundtrack des TWIN PEAKS-Reboots an, das erneut VOIVOD-eske ‚Drifting Away‘ versöhnte in seiner typischen Art die alten Fans und am Ende meißelten THE BEAUTYFUL DEAD ihrem Bassisten ein Denkmal mit ‚The Devil And Tom Zimmermann-Steitz‘. Welch‘ Energie! Machten sie sich noch kurz intern Gedanken, ob sie mit diesem Brachialschlag die neu gewonnenen Wave- und Indie-Fans nicht gleich wieder vergraulen würde, sah man sich ganz im Gegenteil gerade aus dieser Community bestätigt, die ähnlich wie die jüngere Metalfraktion fanatisch nach eben diesen Nummern bei Livekonzerten verlangten!

Doch das Leben hielt wie immer eine übel schmeckende Praline bereit: Die Palm Brothers entdeckten ihre karpatischen Wurzeln und sollten sich mit dem zu Tony Scoleri mutierten HAMMER KING-Titan Fox dem ungeahnten Erfolg ihres Projektes LORD VIGO widmen, was die endgültige Rückkehr zu ihrem geliebten Metal bedeutete. Jedoch fairerweise nicht, ohne Meister Westrich an den Arbeiten am folgenden Album zu unterstützen. Durch die Zeit der Umstrukturierung und des abermaligen Neubeginns verabschiedete sich trauriger Weise auch Axels langjähriger Weggefährte Tom und … then there was only one.

Axel Westrich wäre jedoch nicht der musikalische Idealist, der er nun mal ist, wenn am Ende des Tunnels nicht bereits erneut das Licht des Neustarts durchscheinen würde. Die neue Besetzung steht – der Kreis schließt sich sensationeller Weise mit der Ur-THE END OF MUSIC und MURDER SHE WROTE-Lichtgestalt Andreas Thinnes an der Gitarre, dem sympathischen Mastermind der einstigen Kultgruppe HERITAGE OF THE VESTRY, auch Bassist der unvergleichlichen MOTORMEN, Peter Kappel und Vincenzo Gangi am Schlagzeug, welcher – wie könnte es nicht besser passen – auch bei der JOY DIVISION-Coverband CONTROL tätig ist.

Es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn nicht in absehbarer Zeit eine Veröffentlichung auf uns zukommt, die alte Weggefährten verzücken und neue Musikfreaks finden sollte. Bis dahin warte ich schwelgend in einem tranceartigen Glückszustand im Universum der bisher erschaffenen Meisterwerke und bin mir sicher, dass ich beim anstehenden Review nicht mit einer Wertung geizen muss…

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