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TDW – The Antithetic Affiliation

2017 (Layered Reality) – Stil: Symphonic Progressive Metal


Wunderbar. Traumhaft. Brillant. Progressiv. Und doch metallisch. Worte aus dem Jargon des leidenschaftlichen Proggers oder einem, der einst versuchte, die frisch entdeckten FLAMING ROW oder anno dazumal die erste (und NUR diese) DREAM THEATER zu beschreiben. Und direkt danach kommen wir zu dem seltsamen Bild, wie ich hundeartig um mich selbst kreisend versuche, mir in den Arsch zu beißen, weil ich dieses Juwel von 2017 erst jetzt entdecke. Egal – die Listen sind gemacht, das erste Review aktuellen Materials geschrieben, also gleich mal einen verhaften für die ‚Overlooked Nuggets‘ im Ranking gegen Ende diesen Jahres.

Und der Beschuldigte heißt Tom de Wit, hat für Liveauftritte die DREAMWALKERS INC ins Leben gerufen, und brät uns hier in einem grandiosen Konzeptalbum seine Gefühlswelten der letzten drei Jahre nach seinem vorangegangenen Output vor den Latz. Ein Album der Extreme soll es geworden sein und ich kann mich nur anschließen: Extrem abwechslungsreich, extrem melodisch, extrem eigenständig und extrem GEIL!

Umrahmt wird das Meisterwerk von gleich zwei Überzwanzigminütern: Dem Opener ‚The More We Remember‘ und dem Finale ‚Lest We Forget‘. Alleine diese beiden Meilensteine hätten die Höchstwertung verdient aufgrund ihrer Beweisführung, dass Longtracks so fließend ohne jegliche Langeweile extrem kurzweilig mitreißen können. Zwischendrin bekommen wir als Bonus alles, was das Progmetalherz begehrt – zwischen vier und acht Minuten, zwischen zart und hart. Analog zum Infinity-Symbol des Covers wünscht man sich, dass diese Stücke entsprechend dem albumsymbolischen Kernsatz “It never stops and it never should” niemals aufhören, was moderne Wiedergabehardware heutzutage glücklicherweise beherrscht.

Das lyrische Konzept entpuppt sich analog zu dem künstlerisch Dargebotenen nicht minder bedeutungsvoll. Aufgespalten in die philosophische Gedankenwelt des Idealisten steigt man mit einer positiven Grundstimmung ein, die sich im zweiten Teil durch die Erfahrungen des Zynikers verdunkelt, bis das Lebensmotto am Ende doch siegt:

What use is there now for pain and regret?
And all of our scars will guide our way.
And we shall embrace it, the lest we forget!
To light up a path out of our decay.

What use is there now for pain and regret?
Hold on to the strength that you have gained.
And we shall embrace it, the lest we forget!
You’ll end up much stronger then you have been!

Das Gesamtpackage kommt auf zwei Silberlingen mit insgesamt rund 84 Minuten (!) Musik und einem Livemitschnitt vom Progpower 2016, für dessen Soundqualität sich der Meister in einem Intro auf die sympathischste Weise entschuldigt, der aber dennoch zeigt, welcher Zauber von der Band live ausgehen kann. Alle, die bei Progmetal nicht auf die sicheren Pferdchen schielen, sondern Undergroundperlen wie DIVIDING HORIZONS, SUNBLAZE, AEON ZEN oder den eingangs erwähnten FLAMING ROW lauschen, finden hier einen weiteren Alltimefave: TDW, Tom de Wit & DREAMWALKERS INC. No doubt about it, Tom – you made something that stands the test of time!

(9 verspätete Reuepunkte)

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