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SEVENTH WONDER – Welcome To Atlanta Live 2014 (2 DVD / 2 CD)

~ 2016 (Frontiers) – Stil: Melodic Prog Metal ~


Endlich ein echtes Lebenszeichen und die Ankündigung, dass 2017 ebenso über Frontiers der Nachfolger des mittlerweile sechs Jahre alten Meisterwerks ´The Great Escape´ ins Haus flattern wird. Doch hier steht noch einmal SEVENTH WONDERs drittes Album ‚Mercy Falls‘ von 2008 im Fokus, mit dem der Band bereits qualitativ der Durchbruch auf allerhöchster Ebene gelang. DVD 1 zeigt den Auftritt im Rahmen des 2014er Prog Power USA Festival, bei dem das Album am Stück aufgeführt wurde.

Aufgrund der fehlenden Beachtung im deutschen Blätterwald ist vorab vielleicht ein ganz kleiner Exkurs notwendig. SEVENTH WONDER spielen 90s Prog Metal gepaart mit typisch schwedischem Melodic-Feeling und sind mit Abstand das Beste was diese Richtung in den letzten 15 Jahren hervorgebracht hat. Man bekommt natürlich alles was man sich hierunter vorstellt, aber zusätzlich exquisites Songwriting, für die Stilrichtung sehr präsentes und prägendes Bassspiel sowie mit Tommy Karevik (heutzutage leider sehr in KAMELOT eingespannt) einen völlig überragenden Sänger. Nur hier kann man ihn in natürlicher Form mit seinen ureigenen Gesangslinien entdecken.

‚Mercy Falls‘ war auch das Album mit dem ich selbst seinerzeit nach einem begeisternden Gig im 2009er Sweden Rock Zelt (damals noch mit dem filigranen Johnny Sandin an den Drums) in deren Katalog eingestiegen bin. Wie damals wurden in Atlanta outfittechnisch wieder die Weißhemden ausgepackt. Das Publikum geht in erfreulich hoher Anzahl packend mit. Die Freude, den Klassiker am Stück serviert zu bekommen, ist unverkennbar. ‚Tears Of A Father‘ wird etwa vielkehlig mitgesungen. Die Band ist (verständlicherweise vielleicht etwas zu) sehr konzentriert, sodass der Rock ’n Roll-Faktor auf der Bühne einen kleinen Tick höher sein könnte. Doch hier geht es auch in erster Linie darum, den Fans ihren ultimativen Flashback auf die Erinnerungen, die sie mit dem Konzeptalbum in Verbindung bringen, zu geben. Oder halt auf einzelne Songs, denn ‚Mercy Falls‘ ist ja kein typisches Konzeptalbum. Hier kann man wahllos Stücke herauspicken, die für sich stehen. Über allem thronen aber natürlich noch genau wie damals ‚Welcome To Mercy Falls‘, ‚Hide And Seek‘ und das abschließende Power Metal-Epos ‚The Black Parade‘. Als Zugabe des Gigs kommt letztlich noch der neue Song ‚Inner Enemy‘ zum Zug (dazu gleich mehr).

Am nächsten Tag (DVD 2) spielte man auf dem Festival noch einen zweiten, kürzeren Gig mit sieben Songs. Den quantitativen Schwerpunkt bilden hier ganze vier Songs vom 2006er Werk ‚Waiting In The Wings‘. Jetzt gut erkennbar, auch damals hatte man schon jederzeit das Gespür für exzellente Passagen und Hitcharakter. Mit besserer Produktion und besseren Arrangements und etwas mehr Zeit (Karevik war gerade erst eingestiegen) wäre man also schon viel näher an den beiden folgenden Meisterwerken dran gewesen. Von ‚The Great Escape‘ werden zwei Songs performt, natürlich ‚Alley Cat‘, aber erfreulicherweise auch mit ‚King Of Whitewater‘ den schwer zu spielenden, aber überragendsten Song den SEVENTH WONDER bis dato geschrieben haben. Das Grande Finale wird mit einem Akustik-Medley beschritten.

Auf der CD zwei gibt es zusätzlich noch zwei Studiotracks als Appetizer auf das nächste Album. Das ist zum einen mit ‚The Promise‘ ein mit allen typischen Elementen durchsetzter Song auf hohem Niveau. Zum anderen werden mit dem schon etwas länger bekannten ‚Inner Enemy‘ die schon immer dezent vorhandenen AOR-Einflüsse so deutlich betont wie nie zuvor.

Ein Bombenhit in Singlelänge (03:30), zu dessen Strophen man bereits unweigerlich beginnt, im Wohnzimmer Achten zu tanzen. Kürzlich wurde ich gefragt, was der beste 2016 auf Tonträger veröffentlichte Song ist. Der hier! Die Erwartungen auf das neue Studioalbum sind allerdings noch aus einem anderen Grunde wieder unermesslich. In dieser langen Zeit müssen so exzellente Songwriter einfach eine erkleckliche Anzahl weiterer Monstersongs zustande gebracht haben. Wetten? Bis dahin greifen wir noch ein paar Mal zu diesen vier Ton- bzw. Bildträgern im Digi-Book, die trotz Eigenregie aufwendigeren Produktionen in nichts nachstehen.

(9,5 Punkte)

 

https://www.facebook.com/seventhwonderofficial