PlattenkritikenPressfrisch

RAPID TEARS – Honestly / Cry For Mercy

~ 1982/1984/2016 (Cult Metal Classics) – Stil: Heavy Metal ~


RAPID TEARS war eine der ersten kanadischen Heavy Metal-Bands, die über die Landesgrenzen der frühen Achtziger bekannt wurden. Wobei „bekannt“ im Falle RAPID TEARS sicher massiv übertrieben ist. Die Band spielte und spielt für die meisten Metal-Fans eigentlich gar keine Rolle. EXCITER, RAZOR, SACRIFICE, SACRED BLADE sind beispielsweise Namen, die für kanadischen Heavy Metal stehen und von den Fans immer wieder genannt werden. Aber RAPID TEARS?

Das mag mehrere Gründe haben. Zum einen sicher, dass die LP und EP oder auch die 7inch recht rar und teuer sind und damals schwierig zu bekommen waren; zum anderen, dass die Band musikalisch auch in den Siebzigern verankert ist. Was allerdings kein Grund darstellt, die Truppe zu ignorieren, da gerade das 1982 veröffentlichte Debüt ´Honestly´ ein musikalisches Kleinod ist. Denn darauf befinden sich ein paar echte, frühe Heavy Metal-Perlen, die einfach nicht übergangen werden dürfen.

Jetzt wurde das erwähnte Album und die zwei Jahre später nachgeschobene EP `Cry For Mercy` von Cult Metal Classics erstmals offiziell auf CD wiederveröffentlicht. Wie immer hat das Label in Sachen Aufmachung gute Arbeit geleistet. Schönes dickes Booklet, welches ein ausführliches Interview mit der Band von Snakepit-Macher Laurent Ramadier beinhaltet, plus Songtexte sowie beide Albumcover. Bonusmaterial findet sich auf diesem Album leider keines, so dass nur die elf Songs der Original-LP sauber auf CD transferiert wurden.

`Honestly` eröffnet mit dem recht schnellen, treibenden `Survival`, das durch ein rohes aber irgendwie auch harmonisches Riff eingeleitet wird. Der harte Beat treibt das Stück ungezügelt nach vorne. Schon hier fällt der leicht hohe, aber nicht typische Sack-ab-Gesang auf. Das folgende `Headbang` ist dann eher ein stampfender Groover und gutes Mittelmaß. Dafür gibt man bei `Eliminator` wieder Vollgas. Einer der Tracks, der es zwingend gebietet, dieses Album zu besitzen. Power and Speed! Unfassbare Nummer. Auch das folgende `Actress Of Passion` ist einer der Songs, weswegen das Album in den eigenen Besitz übergehen MUSS!

RAPID TEARS waren für die damaligen Verhältnisse schon recht schnell, dass das Material dabei dennoch einen Siebziger-Touch hatte, manche benutzen auch das Wort „Kauz“ in diesem Zusammenhang, muss ausdrücklich erwähnt werden. Aber gerade diese Schnittstelle aus der Energie des frühen Achtziger Metal und dem Festhalten an traditionellen Hard Rock-Werten der späten Siebziger macht `Honstely` so unverzichtbar. Ein Album, das somit wunderbar eine Verbindung zu diesen beiden Jahrzehnten herstellt. Einmal gehört, weiß man in Zukunft schon vom ersten Ton an, welche Band gerade so läuft. Soviel zur Originalität und Alleinstellungsmerkmalen.

Die `Cry For Mercy`-CD enthält den zweiten Teil des Interviews, das auf der `Honestly` begann. Zudem wieder Texte und deutlich mehr Farbfotos als bei `Honestly´. Der Sound wurde, behaupte ich mal, leicht aufgepimpt. Das klingt deutlich druckvoller als auf dem Vinyl. Die ursprüngliche EP enthielt vier Songs, doch Cult Metal Classics haben hier zwei Bonutracks in Form der beiden Songs `Discontent Intentions` sowie `Heart Of Predestination` vom `The Circuit`-Sampler, den ich leider nicht kenne, beigesteuert. Also gibt es in der Summe sechs Songs. Und hier setzt dann meine Kritik an. Eigentlich hätte das gesamte Material auf eine CD gebracht werden können, doch so muss die EP mit sechs Songs für teuer Geld zusätzlich gekauft werden. Das ist nicht wirklich nett, auch wenn das Booklet mit tollem Bildmaterial ausgestattet ist. Anderseits hätte auch eine gute Do-CD veröffentlicht werden können. Warum nun also zwei Einzel-CDs das Licht der Welt erblicken mussten, bleibt eine offene Frage, die zu klären wäre. Eventuell wegen des finanziellen Verkaufsvorteils?

Musikalisch ist die EP ebenfalls erste Sahne. Ein echter Reifeprozess ist bei der Band erkennbar. Die Songs klingen forcierter, weniger nach Siebziger, deutlich markanter nach Heavy Metal der frühen Achtziger. Mit `Eve Of Rock` schrieb die Band sogar einen echt knackigen Ohrwurm. Und das wuchtige `Electric Shockwave` ist fantastisches Bangerfutter. Die Gitarrenarbeit läst enorm aufhorchen, obwohl die beiden Samplerbeiträge deutlich mehr nach dem Material des Debüts klingen. Zwar nette, aber wenig nachhaltige Songs.

Alles in allem zeigen die beiden CDs, das RAPID TEARS eine deutlich unterschätzte Band sind, die aufgrund ihres eigenwilligen Stils und dem hohen Wiedererkennungswert einen ganz anderen Status besitzen müssten. Für alle, die das Vinyl nicht besitzen, bieten diese beiden CDs eine tolle Gelegenheit, diese unterbewertete Band endlich zu entdecken. Auch wenn ich die Veröffentlichungspolitik in diesem Falle nicht wirklich gut heiße.

(8,5 Punkte)