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OVERKILL – White Devil Armory

2014 (Nuclear Blast) – Stil: Thrash Metal


Die sogenannten „Big Four“ haben in kreativer Hinsicht längst abgedankt, richtig unter Starkstrom stehen von den US-Thrash-Helden der achtziger Jahre eigentlich nur noch DEATH ANGEL. Und natürlich OVERKILL! Mit ihrer 2010er-Energiebombe ‚Ironbound‘ katapultierten sich New Jersey’s Finest wieder ganz nach oben in den Albumcharts und Jahrespolls der Magazine. Und – soviel sei vorweggenommen – das wird sich auch mit der neuen Scheibe ‚White Devil Armory‘ nicht ändern.

Bassist/Chefkomponist Carlo „D.D.“ Verni (53) und Kreischmeister Bobby „Blitz“ Ellsworth (55) zeigen auf dem dritten Langeisen für Nuclear Blast keinerlei Ermüdungserscheinungen. Im Vergleich zu ‚The Electric Age‘ (2012), die Bobby im Nachhinein als spaßige, aber doch „ziemlich zweidimensionale Thrash-Scheibe“ einordnet, konnten sich OVERKILL hörbar steigern, auch wenn sich die Abwechslung erneut in Grenzen hält.

‚Armory‘ ist der traditionell heftige Auftakt: gnadenlose Schwitzkasten-Riffs, ein geschickt montiertes ‚Alison Hell‘-Zitat, kraftvollere Blitz-Vocals denn je – wunderbar! ‚Down To The Bone‘ und das etwas zu langgezogene ‚Pig‘ variieren das Tempo im Anschluss und erzeugen Dynamik; ‚Bitter Pill‘ erinnert mit seinem stampfenden Grundriff eingangs an ‚Eye Of The Beholder‘, ehe ein BLACK SABBATH-artiges Break für Auflockerung sorgt. Bei ‚Where There’s Smoke‘ und ‚Another Day To Die‘ frönen OVERKILL mit ihrem Weltklasse Gitarrenduo Dave Linsk / Derek Tailer hingebungsvoll dem Bandmotto „Wrecking Your Neck“; mit ‚Freedom Rings‘ macht sich dazwischen das längste (6:52 Minuten) und leider auch durchschnittlichste Stück der Scheibe breit. Kein allzu großes Problem; ‚King Of The Rat Bastards‘ dengelt mit einer Extraportion Punkrotz um die Kurve, dann folgen die wirklichen Höhepunkte des Albums. Das verschachtelte ‚It’s All Yours‘ hat einen für Thrash-Verhältnisse ungewöhnlichen Rhythmus, der einen konsequent in den Wahnsinn treibt. Noch geiler wird’s bei ‚In The Name‘. Hier lässt das Quintett aufs Geschmackvollste seine US-Metal-Qualitäten durchscheinen, Bobby zelebriert im Refrain die höchste Form seiner schrillen Sangeskunst. Kein Zweifel: Mit dieser – in einem Marsch ausklingenden – Prachtkomposition ist OVERKILL auf ihrem 18. Langdreher einer der besten Songs der über 30 Jahre andauernden Bandkarriere geglückt.

Die Tour mit PRONG und ENFORCER im November sollte sich kein ernstzunehmender Metalhead entgehen lassen.

(8,5 Punkte)