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MICHAEL DIETRICH – Across Open Seas

2016 (Independent/49 Grad Records) – Stil: Singer-/Songwriter


Michael Dietrich ist keineswegs der gewöhnliche Singer-/ Songwriter. Gängige Schubladen mit dieser Aufschrift werden ihm selbst international gesehen niemals gerecht. Der Mann aus Karlsruhe eifert auch nicht den aktuellen Liedermachern nach, die sich hierzulande in ihren Gefühlen regelrecht winden. Dass er außerdem als Frontmann der Band DEAD MAN´S BOOGIE vorsteht, belegt seine musikalische Sozialisierung durch Hardrock und Metal. Ausgeprägte Vorlieben für solch Vorzeigecombos wie IRON MAIDEN, METALLICA, SYMPHONY X und SAVATAGE ehren ihn zwar, dennoch geht er mit seinem Solowerk keinesfalls den Weg einiger altgedienter Bands, das Konzept der ´Five Man Acoustical Jam´ nachzueifern und Hardrock-Lieder schlicht im Akustikformat darzubieten.

Auf dem Vorgänger ´Down Empty Streets´ fuhr Michael Dietrich immerhin noch lässig über die staubigen Highways. Nun steuert er einen neuen Hafen an, legt ab und überquert das weite Meer. Auf wogenden Wellen, durch brausende Stürme, unter heftigem Regenguss vom dunklen Himmel. Aber nicht in ´Adam´s Town´, denn Michael Dietrich ist mitnichten ein neuer Michael Dickes. Dafür hat er einige Gassenhauer komponiert, die mit Tiefe statt Aufgeblasenheit wuchern können.

Where the blind will be leading the blind,
Leaving my past life behind, longing to find,
Peace of mind,
The blind will be leading the blind

When the deaf’s singing songs to the deaf,
Nothing may ever be left,
Losing the art,
Deep in the dark,
The deaf’s singing songs to the deaf

An vorderster Front steht das großartige Lied ´A Sailor’s Song´, das alle Ambitionen wie einst Israel Kamakawiwo´oles ´Over The Rainbow´ in sich vereint. ´To The Farthest Shore´ hätte sogar in den 90s zum Hit-Garant avancieren können, selbst ohne Grunge- oder DAYS OF THE NEW-Bezug. Eher selten dürfen hingegen die Gitarren wie in ´Running Against The Wind´ einmal kräftig röhren, vielmehr kann die Stimmung mit Geige sowie Cello in ´The Oneironaut´ äußerst düster und bedrohlich wirken. Michael Dietrichs interessante Stimme kommt schließlich ganz vorzüglich in ´Dragon Girl´ zur Geltung. ´My Bed On The Ocean´ ist glücklicherweise kein neues ´Bed Of Roses´, doch ´The Open Sea´ verströmt allein von den Flötenklängen her ein würdiges ´Stairway To Heaven´-Feeling. Richtig flott, direkt wie ein Derwisch zum Tanz auffordernd, darf es im Ohrwurm ´Blind Leading The Blind´ und im heftigen ´Chasing The Morning Star´ zugehen. Erst der Rausschmeißer ´Homeward´ lässt erstmals etwas Medieval-Klänge erschallen.

Außergewöhnlich und mitreißend – so darf Michael Dietrichs neues Werk ´Across Open Seas´ ohne Zweifel betitelt werden. Ganz ausdrücklich sogar.

(Big 8 Points)

http://www.michaeldietrich.org/
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https://michaeldietrich.bandcamp.com/