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MACHINE HEAD – Catharsis

2018 (Nuclear Blast) – Stil: Thrash/Nu Metal


Zum Begriff „Katharsis“ lassen sich bei genauerer Betrachtung gleich mehrere, nicht ganz unterschiedliche Definitionen finden. In der Literaturwissenschaft bezeichnet sie „die Reinigung von bestimmten Affekten und führt zur Läuterung der Seele von Erregungszuständen wie etwa von Rührung, Schrecken oder Schauder.“ In der Psychologie spricht man vom „Ausleben innerer Konflikte und verdrängter Emotionen, was zu einer Reduktion dieser Konflikte und Gefühle führt“. Durch das Ausleben von Aggressionen soll „eine Reduktion negativer Emotionen erzielt werden“.

Betrachtet man die Entwicklung der aus Oakland stammenden Thrash-Formation MACHINE HEAD mal genauer, lassen sich durchaus einige Parallelen finden. Auf ihre beiden Thrash-Erstlingswerke ´Burn My Eyes´ und ´The More Things Change…´ folgten einige, sowohl bei Fans als auch Kritikern, weniger beliebte Ausflüge in den Nu Metal-Bereich. Viele verloren bereits den Glauben an die Band, und vor allem Robb Flynn äußerte sich immer wieder zu persönlichen Krisen und Rückschlägen. Erst das starke Comeback-Album von 2007, ´The Blackening´, führte das Unternehmen MACHINE HEAD wieder zurück in die Spur – ein vor Wut und Aggression geradezu übersprühendes Thrash Metal-Meisterwerk, das vom ersten bis zum letzten Ton zu begeistern wusste. Wenn von einer kathartischen Wirkung gesprochen werden konnte, dann vor allem im Zusammenhang damit. Die beiden Folgealben setzen diesen Weg konsequent fort und wussten größtenteils ebenfalls zu überzeugen.

Auf den ersten Eindruck wirkt das wiederum mit starken Nu Metal-Anleihen durchsetzte, aktuelle Album nun wie eine Rolle rückwärts. Tempo raus, Melodien rein – und ein deutlich größerer Fokus auf harte, teils HC-lastige Grooves denn auf markante Riffs. Aber weit gefehlt, denn ´Catharsis´ gelingt es erstmals die beiden MACHINE HEAD-Welten zu einer stringenten Klang-Mechanik zusammenzufügen. Auf den Punkt gebracht und von einer faszinierenden, blitzsauberen Handwerkskunst – und somit eben auf seine Weise mit einer reinigenden Wirkung!

´Kaleidoscope´, ´Grind You Down´ oder der grandiose Opener ´Volatile´ beispielsweise sind allesamt exzellente Brecher klassischer Thrash Metal-Prägung, nur eben mit einigen treffsicheren Melodien versehen. ´Beyond The Pale´ und ´Screaming At The Sun´ bilden die typischen Midtempo-Stampfer und zeigen auf, dass die vier Kalifornier die perfekten Grooves geradezu im Schlaf beherrschen. Klarer Höhepunkt des Albums ist allerdings eindeutig ´Heavy Lies The Crown´. Eine mit rund neun Minuten episch angelegte Halbballade mit deutlichem NWoBHM-Vibe, die sich im Finale zu einem wütenden Berster entwickelt.

Einziges Manko von ´Catharsis´ sind die exorbitante Überlänge und einige wenige, nicht sonderlich inspirierende Songs, allen voran das musikalisch etwas einfältige ´California Bleeding´ oder der eintönige, mit Hip Hop-Anleihen versehene Stampfer ´Triple Beam´. Trotzdem: ne fette Acht mit Ausrufezeichen.

(8 (!) Punkte)