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KNALL – Raubkatze auf 12 Uhr

2017 (Tonzonen Records) – Stil: Psychedelic / Space / Krautrock


´Raubkatze auf 12 Uhr´ ist eines dieser Alben, bei dem alle Gründe dafür sprechen, es auf Vinyl zu besitzen und die Haptik nichts anderes als pure liebestolle Anziehungskraft auslöst.

Wer die Raubkatze erst in den Händen hält, die Schwere des Gatefold-Covers in Verbindung mit dem heavy Double-Vinyl fühlt und den Träger atemlos zum Plattenspieler befördert, den dürstet es nach mehr. Wer erst die Raubkatze optisch näher betrachtet und sie auf Augenhöhe, auch von innen erspäht, wird die pure Lust verspüren, sogleich das Knistern der Rille in den Ohrmuscheln zu hören.

Doppelte Schwärze, doppeltes pink-marbled Gold, limitiert auf 500 Einheiten, ein Doppel-Album mit je zwei Liedern pro Rille, die sich in schönsten Space und Psychedelic Rock-Welten verlustieren. Allein die Tiefen des Universums zu erforschen, war von Anbeginn dieses Jahrhunderts das Ziel von KNALL. Dabei begeben sich die Kölner mit extremer Energie und erquicklichen Dynamiken in den Schwebezustand. Wie so oft in diesen Sphären ist die Improvisation nicht nur auf ihrem Lieblingsfeld, auf den Bühnen dieser Welt, für Oliver „Baal Brain“ Gebauer (Gitarre), „Buddha“ Jonas Paulsen (Spacebass), Christoph „G-homme“ Geiger (Bass) und Dennis „Dns Gkl“ Gockel (Drums) im hohen Maße eine Ader der Schöpfungskraft.

In einer floydianischen Geräuschkulisse beginnt das Abenteuer mit der kleinen elf-minütigen ´Raubkatze´. Die vordergründig von der verspielten Gitarre angeführten Sounds pendeln sich dabei mehrfach in einem repetitiven Kosmos ein, während der ´Derwisch´ viel stärker, äußerst Rhythmus-betont die Schwarte krachen lässt. Wenn das ´Fell´ der Katze gestreichelt wird, darf es im Viertelstünder grooviger, wollüstiger werden. Mit Perkussions und allerlei Instrumentalstimmen entfaltet sich, wie auch in ´Seaweed´, ein intensives Gefühl in einer psychedelische Nuance. Progressiver wird es, sobald der Katze Gammelfleisch vorgesetzt wird und ´Graf Gammel´ erscheint. Beim elf-minütigen ´Sightseeing´ präsentieren sich neben psychedelischen Extravaganzen schnelle Tonfolgen. „Wah-wah“-summend schleicht die Raubkatze im ´Catwalk´ langsam von dannen und setzt, restlos relaxed, mit einem nochmaligen zehn-minütigen Erguss den ´Lachs´-Happen als krönendes Finish. Was für eine Katze. Lass es jaulen, Kätzchen. Welch‘ Musik, ein wahres Schätzchen.

(8 Punkte)

https://knall1.bandcamp.com/album/raubkatze-auf-12-uhr
https://www.tonzonen.de/