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FORGOTTEN NORTH – Heimkehr

~ 2015 (Eigenproduktion) – Stil: Heavy (Folk) Rock ~


Es begab sich zu der Zeit von ´To Dimension Logic´, ´In The Nightside Eclipse´, ´Wildhoney´, ´Lamentations´, ´Awake´ sowie ´Album 1994´, dass sich am Elbstrand bei Wein, Bier und Zigaretten einige Musiker unter dem Namen DARKSIDE zusammen fanden. Vom Rausche befreit, von der Schalltechnik beraubt, wurde sobald mit FORGOTTEN NORTH ein neuer Namen gefunden, der auch eine Keyboarderin und Geigerin ins Spiel brachte. Zwei Demos und der Band-Hit ´Störtebeker´ sollten jedoch das Vermächtnis der Gruppe fortan gewesen sein.

Ein zwar nicht lange andauerndes Wiederaufleben der Band brachte schließlich im Jahre 2000 zumindest das Debüt ´Beschwörung´ an das Tageslicht. Anschließend waren die Bandaktivitäten nie von langer Dauer. Doch vor über einem Jahr fingen die beiden verbliebenen Gründungsmitglieder – Peter Schäfer (Drums) und Sascha ´Sir Lord Doom´ Maurer (Gesang) – wieder Feuer. Das Jahr der Heimkehr war angebrochen. Mit Olli Rough (Bass, Keyboards, Akustikgitarre) sowie Iven Gandulf (Lead-, Akustikgitarre) ging man infolgedessen zusammen ins Studio, um mit dem passenden Album wieder hervorzukommen: `Heimkehr´.

Odins wilde Krieger aus dem Norden sind fürwahr wieder auferstanden, FORGOTTEN NORTH sind wieder zurück – und haben einen wunderbaren Songzyklus erschaffen. Mit dem Titelsong zementieren sie zu Beginn umgehend ihren Standpunkt und ihre Herkunft („Holstein, deine Helden, wollen sich zu Worte melden, voller Stolz und voller Wut … hier wird gestanden … nicht gekrochen.“). Ein Rocksong, der heroisch seine Herkunft besingt. Im etwas älteren, aber neu aufbereiteten Lied `Noch Weit´ werden die folkloristischen Ursprünge etwas offensichtlicher, obwohl der rockige Rhythmus den Song unaufhaltsam nach vorne treibt. Gerade hier und im Song `Zaubermund´ übertrifft sich Sascha Maurer mit der lyrischen Wortwahl sowie seiner gesanglichen Ausdrucksweise. Dabei zahlen sich letztendlich seine Vorlieben für 70s Kraut- und Prog-Rock aus.

Allein der alte Hit ´Störtebeker´ und der schon aus dem letzten Jahrzehnt stammende Track `Rungholt´ – der es etwas zu sehr mit den Background-Chören übertreibt, denn diese können gerne dem Publikum beim Live-Auftritt überlassen werden – entstammen nicht den seit dem letzten Jahr gesammelten Songideen. Daher vermengen sie auch am offensichtlichsten folkloristische Rhythmen, die bei Erstkontakt auch hinsichtlich der sprachlichen Ausdrucksform besonders bei `Störtebeker´ an SUBWAY TO SALLY denken lassen. Im Anschluss folgt gleich der neue Kracher ´Moorleichen´, bei dem es hintergründig über das sture und biedere Beamtentum geht. Und dann wagt sich die Band an ein eigenes Lied namens `Nekropolis´, welches kein MANILLA ROAD-Cover ist („Hoffnung verloren, dem Ende nah, es führt kein Weg mehr Heim, lieber geh ich ins schiere Nichts, als ins Höllenfeuer ein, ist das real, kein böser Traum, sieht so das Jenseits aus, Teufel, komm trink nochmal mit mir, lass mich ein in dein Haus.“) und sich episch so groß entwickelt, das Erinnerungen an den Klassiker aus dem Jahre 2000 von SIEGFRIED aufkommen. Mit `Kobold´ wird die Ausstrahlung zwar etwas negativer, doch das bereits erwähnte, übersinnliche `Zaubermund` lässt die Seele unendlich in die Höhe schnellen. NOVALIS rocken sich sinnbildlich fiebrig, zitternd, bebend. ´Saufmarsch´ lässt den Hörer zum Ende hin endgültig in die 70s abtauchen. Grundsätzlich ist der Song ein mit Flöte begleitetes Marsch-Lied, ein echter Rattenfänger mit ´uugh´-Ausruf, entwickelt sich aber instrumental immer mehr zu einer puren Endlos-Session. Wahnsinn. – Als Bonus erklingen obendrein die Akustikversionen von `Zaubermund´ und `Nekropolis´.

Nur pure Ignoranz und Engstirnigkeit verhindert eine nähere Beschäftigung mit FORGOTTEN NORTH, die wahrlich ein sehr mutiges und eigenständiges Werk erschaffen haben.

(8 Punkte)