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DIAMOND HEAD – Diamond Head

~ 2016 (Dissonance) – Stil: NWoBHM ~


Mit Verlaub, aber es war schon ein ziemliches Trauerspiel, was Mastermind Brian Tatler und seine wechselnden Begleiter in den letzten beiden Jahrzehnten unter dem legendären DIAMOND HEAD-Banner auf den Markt brachten. Live war die Chose dank der unsterblichen Hits der Frühphase ja meistens noch in Ordnung, orientierungslose Studioalben wie ‚All Will Be Revealed‘ (2005) und ‚What’s In Your Head?“ (2007) waren mit „überflüssig“ allerdings noch milde tituliert.

Kaum verwunderlich also, dass Tatler nach den beiden Fehlschlägen keine rechte Lust mehr auf eine neue Scheibe verspürte. Zumindest bis vor zwei Jahren dieser neue Sänger namens Rasmus „Ras“ Anderson auftauchte, um den Australien-Auswanderer Nick Tart zu ersetzen. Ersetzen? Viel mehr als das! Der gebürtige Däne sang nicht nur überragend, er brachte mit seiner Energie auch die Songwriting-Glut in Tatler wieder zum Lodern – mit dem Ergebnis, dass DIAMOND HEAD auf ihrem selbstbetitelten neuen Album tatsächlich an die Götterfunken-Zeiten der frühen Achtziger anknüpfen können, ohne dabei auch nur ansatzweise wie ein verzweifeltes Selbstplagiat zu klingen.

Das eröffnende Doppel ‚Bones‘ und ‚Shout At the Devil‘ bringt Knochen und Stimmbänder direkt in Bewegung. Da sind sie wieder, diese Tatler’schen Glückshormon-Riffs und -Licks, aus denen ewig junge Metal-Meisterwerke wie ‚The Prince‘, ‚Helpless‘ oder ‚It’s Electric‘ gebaut wurden. Dazu zwei Hooklines, die den Namen auch erdienen – Fenster auf, Leinen los! ‚Set My Soul On Fire‘ und ‚Blood On My Hands‘ zeigen die nicht minder überzeugende groovige Seite der Band, ‚All The Reasons You Live‘ und die abschließende ‚Kashmir‘-Verbeugung ‚Silence‘ beweisen, warum DIAMOND HEAD zu Beginn ihrer Karriere auch von ernstzunehmenden Menschen wie Geoff Barton als die möglichen neuen LED ZEPPELIN gepriesen wurden.

Erwartungen, die heutzutage keinen mehr groß interessieren sollten – die Klasse dieser neuen Scheibe spricht für sich. Wem bei Abgehnummern wie ‚Wizard Sleeve‘ , ‚Speed‘ oder dem Refrainwunder ‚Diamonds‘ nicht das Blut gen Süden läuft, der sollte mal wieder beim Urologen seines Vertrauens vorbeischauen. ENFORCER und Konsorten aufgepasst: Die Urväter aus Britannen sind erwacht! Und sie überholen euch in Sachen Songwriting und Abwechslungsreichtum mal eben locker auf der rechten Spur.

Überraschend überragend – DIAMOND HEAD!

(8,5 Punkte)