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CHAOSTAR – The Undivided Light

~ 2018 (Season Of Mist) – Stil: Avantgarde ~


Kennt und liebt jemand MILA MAR oder DEAD CAN DANCE? Wenn ja, dieses hier direkt anhören. Bei Verneinung muss ich weiter ausholen.

SEPTIC FLESH standen nicht erst seit der sehr orchestralen ´Codex Omega´ und speziell dem Bonustrack ´Martyr Of Truth´ für außergewöhnliche Nonkonformitätsgeschichten bis hin zu komplettem Stilwechsel. Klassisch instrumentierte Avantgarde-Experimente ziehen sich bereits seit dem ersten Longplayer mit ‚Mythos‘, dem wirren ‚Microcosmos‘ auf der ‚Ophidian Wheel‘ oder der orchestralen Version von ‚Anubis‘ auf ‚Communion‘ durch die Bandgeschichte, um nur mal drei Meisterwerke zu nennen.

Irgendwann mögen die Kompositionen von Gitarrist Christos Antoniou, der sich einen Master in Konzertmusik erarbeitet hat, seinen Mitstreitern dennoch so auf den Sack gegangen sein, dass er sich seit 1998 bei seinem Projekt CHAOSTAR, deren erstes Album 2000 erschien, austoben darf. Bezeichnenderweise benannt nach dem zweiten Song der industrial-independent-orientierten ‚Revolution DNA‘, die eine ähnliche Horizontverschiebung heraufbeschwor wie es die Schweizer Kollegen SAMAEL einst vollzogen. Mist, mir fällt gerade auf, dass ich mich in eine metallgeschichtliche Doktorarbeit verliere, also back to CHAOSTAR.

Achtung: KEIN Metal. Auch nicht ansatzweise.

Achtung: Keine Musik im herkömmlichen Sinne, das heißt keine Strophen-Bridge-Refrain Konstruktionen, nein, kurz gesagt: Mal mehr und mal weniger spärliche Instrumentarien, die um die Stimme von Androniki Skoula – ja – existieren. Ja, sie sind einfach nur da, neben den vokalen Kunststücken. Diese werden mal von Piano, mal von Geige, öfters von Trommeln als auch zarten Rhythmen umspielt. Jedoch kommt der Meister diesmal viel eher auf den Punkt als in der Vergangenheit. Weg von den mächtig opulenten Klassikstücken und auch kaum anhörbaren Exoten hin zum Nachvollziehbareren.

Mit Ausnahmen: Den zweiten Track ‚Blutbad‘ – muss man erst mal überleben, dann flutscht es. Auch ich als omnipotenter Seltsamhörer denke unweigerlich an „Der Wolf – das Lamm – HURZ“, doch am restlichen Oeuvre lässt es sich gut laben. Mal rhythmisch beschwingt (‚Tazama Jua‘), mal Elfensex-episch (‚Stones And Dust‘) oder mit dem Titeltrack mystisch-hypnotisch loopend. So ganz kann Christos die moderne Orchesterklassik dann doch nicht ruhen lassen, jedoch gelingt ihm mit dem Wechselbad ‚Memnisio‘ eine Reise von IN THE NURSERY bis hin zum Soundtrack zu ‚Pakt Der Wölfe‘ – an den auch der Anfang des nachfolgenden ‚Silent Yard‘ erinnert, für das ebenfalls Geduld im Mittelpart gefordert wird, bis es gegen Ende in einen drummenden Conan eruptiert. Die Belohnung bekommt der tapfere Openminder mit dem wunderschönen ‚Ying And Yang‘ als Abschluss, welches die erlebte Palette noch einmal mit donnernden Drumrhythmen Revue passieren lässt, um uns nach dem abermaligen Besuch des geheimnisvollen Waldes zu Gévaudan in ebendiesem zurückzulassen. Ohne jedoch von der Bestie zerfleischt zu werden.

(8 Punkte)

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