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BROENNI – Taming The Winds

~ 2017 (Independent) – Stil: Rock ~


Sausewind, Brausewind! Dort und hier! Deine Heimat sage mir!„, erschallen als erste Zeilen von Eduard Mörikes ´Lied vom Winde´. Und eben diese Worte mag der Hörer Daniel Brönnimann nach dem Genuss von dessen neuesten Streich ´Taming The Winds´ zurufen, einer Songkollektion, die fast zu vielfältig für den gewöhnlichen Konsumenten ausgefallen ist. Gleichwohl forderte Daniel Brönnimann bereits mit dem nicht offensichtlich unter dem Banner BROENNI veröffentlichten Vorgänger CALM BEFORE THE STORM (siehe hier) Liebhaber und keine schlichten Konsumenten heraus. Sofern Euch Musik teuer ist und Euer Geschmack nicht billig oder gar verloren gegangen, Ihr zudem über solch einen weiten Geschmacksradius wie Euer Rezensent verfügt, dürfte kein Musikhörer Probleme mit den neusten Kompositionen haben. Aus diesem Grunde heißt es: hören, hören, hören.

Hineintauchen in ´Taming The Winds´, in neun taufrische Songs, die Daniel Brönnimann mit dem französischsprachigen Schweizer Produzenten Yann Rouiller (u.a. NAZARETH) aufgenommen hat. Herausgekommen ist ein wahres Crossover-Album, das mit ´Komischi Vögu´, dem zukünftig prädestinierten Abschluss- und Mitsingsong eines jeden Konzerts, wie ihn ebenfalls einst hiesig die RODGAU MONOTONES nicht besser hätten kredenzen konnten, und dem bluesigen ´Einisch isch z’viu´ auch zwei Schweizer Mundart-Songs beherbergt.

Der Beginn des Werkes fällt jedoch noch überraschender aus. ´Welcome To Watamu´ ist ganz im Afro-Groove gehalten, den nicht nur Paul Simon popkulturell berühmt und zuletzt VAMPIRE WEEKEND im Indie Bereich abermals salonfähig gemacht haben. Entgegen den lyrischen Ausführungen eher wie eine Sklaven-Hymne gehalten, bewusst mit schlechtem Englisch kurzerhand gespickt, festigt sich schon zu Album-Beginn ein kleiner Ohrwurm. Die Stimmung geht geradewegs in ´Tales Of Black And White´ über, dessen Anfang einen TRIBE AFTER TRIBE-Song entfachen könnte. Ein vertrackter, geradezu progressiv aufgebauter Rocksong, der kurze Abschnitte enthält, die in CALM BEFORE THE STORM vorweggenommen wurden, und als einer der Höhepunkte zu protokollieren ist.

Als locker, flockiger Song mit Folk-Attitüde entpuppt sich ´We’re Home´ und tanzt mit Südstaatens ´Jessica´; ´Busy´ zupft dagegen – stimmungsaufblitzend zwischen Daybreak und Sunset – in krachender Manier die Akustikgitarre bis die elektrische hinzusetzt, während ´Never Be The Same Again´ dramatisch, Daniel Brönnimann nahezu in Ekstase schreiend, um das kalifornische Hotel herum zum großen Bumm hinarbeitet. Für die heimische Hardrock-Gemeinde, egal ob GOTTHARD oder KROKUS, serviert Broenni obendrein ´By The Light Of Day´. Am längsten schwelgen dennoch die Melodien von ´Sick And Tired´, dementsprechend zum Finale ertönend, nach. Da können die Tonfolgen, widerborstig wie bei URIAH HEEP, über Tag und Nacht hinaus weiterschwingen. „Major e longinquo reverentia„, war ehemals schon beim Besuch des Kurzgeratenen, mit seinem großen, dicken Freund und kleinen Hund, bei den Schweizern ausgesprochen worden. Aus der Nähe ist es sogar noch schöner.

´Taming The Winds´ wird im Gegensatz zu CALM BEFORE THE STORM, das ausschließlich auf Vinyl erschien, auch als Download angeboten werden. Rückläufige Verkaufszahlen im CD-Segment machen diese hingegen obsolet, meint Daniel Brönnimann. Ein Hoch auf den nicht zu bremsenden, steigenden Vinyl-Absatz. Ein Hoch auch auf jeden Gitarrenvirtuosen, schreiben doch die Hersteller von unserem geliebten Saiteninstrument rote Zahlen und benötigen in Kürze neue Aushängeschilder, neue Gitarrenhelden: Daniel Brönnimann für die Schweiz.

(8,5 Punkte)

Hier geht es zum Interview mit Daniel Brönnimann

https://www.facebook.com/dbroenni/
https://www.broenni.com/