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ACCEPT – Blind Rage

~ 2014 (Nuclear Blast) – Stil: Heavy Metal ~


An das mittlerweile dritte Album mit Mark Tornillo als Gesangsröhre kann der Hörer vollkommen unvoreingenommen herangehen, waren doch die beiden Vorgänger trotz allerorts zu hörender Jubelarien beileibe keine Highlights in der langjährigen Karriere des deutschen Metal-Flaggschiffs. Der Grund für diese Schwächephase lag aber keinesfalls an Mark Tornillo, der ein passendes und glänzendes Organ vorzuweisen hat.

Mit `Blind Rage´ legen ACCEPT logischerweise kein jugendlich frisches und gleichzeitig hartes ´Breaker´ oder ´Restless And Wild´ vor, sondern ein glänzendes Alterswerk, das sich mehr an `Metal Heart` anlehnt und locker mit ´Russian Roulette` mithalten kann. Obendrein befindet sich Wolf Hoffmann dieses Mal in Hochform. Ein Gitarrist im reifen Alter, der fast durchgehend Gitarrentöne zum Mitsummen anzubieten hat – äußerst formidabel.

Etwas stumpf und langweilig, wie es böse Zungen und Kritiker gerne in Bezug auf die teutonische Legende behaupten, wird es nur im letzten Drittel – bei `Bloodbath Mastermind´. Aber damit ist das neue Album den beiden Vorgängern schon um Längen voraus. Nach dem Eröffnungsbanger `Stampede` („Stampede, trapped into the ground, stamped, flattened by the sound, stampede, burn you on the stove, stampede, and pulverize your grounds“) folgt ein Highlight auf das andere. Trotz „ohoho“-Chören gleicht ein überragendes Gitarren-Singalong den Refrain von ´Dying Breed´ klasse aus. Genau so, verehrte Musiker, schreibt man Lieder – entweder kann der Hörer den Refrain lyrisch mitsingen oder sich an die Gitarrenmelodieführung halten. Passend zur Rhythmusgitarre geschlagene Glocken unterstreichen hernach das heroische `Dark Side Of My Heart` – wohl ein Live-Kracher par excellence. Erneute „ohoho“-Chöre lassen zwar keinen Kosaken-Chor erschallen, bringen jedoch mit dem stampfenden ´Fall Of The Empire´ jeden Metaller zum Beben. `Trail Of Tears` ist die schnelle Nummer für den Luftgitarrenspieler, während die restlichen Zuhörer durch ihre Lippenbewegungen signalisieren, dass sie die feine Melodie mitsummen. Und zu `Wanna Be Free´ gehen die Arme in die Luft – Mitsummen keineswegs ausgeschlossen – „ohoho“-Chöre bleiben sicherheitshalber draußen. Mit großer Wahrscheinlichkeit dürfen dann künftige Konzert-Besucher gern und ungeniert Richtung Bühne `200 Years` lauthals schmettern. Nach `Bloodbath Mastermind´ folgt ein weiterer Midtempo-Kracher namens ´From The Ashes We Rise´. Kurz vor dem Ende lässt `The Curse` beiläufig typisch ACCEPTsche Sentimentalität sprechen, ohne dabei balladesk zu werden, bevor das schnelle `Final Journey´, incl. Edvard Grieg Melodie, den Schlusspunkt unter dieses schöne neue Werk setzt.

(8 Punkte)