Livehaftig

TRVEHEIM Vol. 1

1. Oktober 2016, Sportzentrum Otterfing bei München


Eine Art „Bayerisches Keep It True“ soll das Trveheim-Festival einmal werden, sagt Lenny Hammerer und lächelt. Nein, der junge Mann ist nicht anmaßend, sondern lediglich selbstbewusst und ambitioniert. Und der Erfolg der ersten Auflage seines Herzensprojekts „Trveheim“ gibt ihm Recht. 350 zahlende Gäste sind an diesem ersten Oktobersamstag trotz Wiesn und „Harder Than Steel“ nach Otterfing bei München gekommen, um sich in der Sporthalle einem reizvollen Mix aus Veteranen und Jünglingen wie Hammerers eigener Band SKULLWINX hinzugeben. Von Thrash über (Okkult)-Speed bis zur guten alten New Wave of British Heavy Metal reicht das Spektrum. Und als DEMON ihren Headliner-Gig gegen halb zwei Uhr morgens beendet haben, strahlt nicht nur Kultsänger Dave Hill (62) bis unter die Kappe, sondern auch die von zwölf Stunden Hardrock, Metal und Traunsteiner Braukunst gezeichneten Fans.

 

DEMON liefern zweifelsohne das stärkste Konzert des Tages ab. Die anderthalbstündige Verspätung durch einige zu lange Umbaupausen kosten den Engländern zwar ein paar Dutzend Fans, die ihre letzte S-Bahn erwischen müssen, der Stimmung in der Halle tut dies jedoch keinen Abbruch. Technische Pannen (kleiner Schlagzeug-Schaden, kein Saft auf dem Mikro beim eröffnenden ‚Night Of The Demon‘) nehmen Hill und Co. mit Humor, musikalisch und in Sachen Spielfreude gibt’s bei der ewig unterbewerteten Legende ohnehin nichts zu meckern. ‚The Plague‘, ‚Sign Of A Madman‘, ‚Life On The Wire‘ (mit ausgedehntem Intro wegen der kaputten Snaredrum) – DEMON steigern sich von Song zu Song. Als nach dem lautstark mitgesungenen ‚Don’t Break The Circle‘ nochmals ‚Night Of The Demon‘ zur Aufführung kommt, gehen alle Fäuste und Becher nach oben. Ein großartiger Auftritt. Einzig die Missachtung des famosen 1989er-Albums ‚Taking The World By Storm‘ lässt sich nicht wirklich nachvollziehen.

 

Die wiedervereinigeten TRANCE können als Co-Headliner ebenfalls überzeugen. Oberfan Andreas „Neudi“ Neuderth gibt dem Achtziger-Gaul aus der Pfalz an der Schießbude ordentlich die Sporen, vom Start mit ‚Heavy Metal Queen‘ bis zum Schlussdoppel ‚Victory‘ / ‚Live & Heavy‘ sackt die Energie nicht ab. Ob Sänger Joe Strubel dem Vergleich mit Ur-Stimme Lothar Antoni (TRANCEMISSION) standhalten kann, ist auch bei der Aftershowparty noch nicht gänzlich ausdiskutiert. In jedem Fall hat der Mann einen soliden Job abgeliefert, weswegen TRANCE vor den angekündigten Jahresend-Gigs mit DIRKSCHNEIDER nicht Bange sein muss.

 

Den Vergleich der Jungen Wilden entscheiden beim Trveheim SPACE CHASER für sich. Das ansteckend agile Berliner Thrash-Kommando ist bereits mit Album Nummer zwei in der teutonischen Spitzengruppe angelangt, auf der Bühne kommt der abwechslungsreich arrangierte und melodienaffine Hacksound noch besser rüber als auf den dringend empfohlenen Tonträgern. Und falls Bobby Ellsworth tatsächlich irgendwann mal in den Ruhestand treten sollte, ist der Nachfolger mit Siegfried Rudzynski bereits gefunden. Gestik, Stimme – Potzblitz!

 

Die Gelsenkirchener Königstreuen von ATTIC sind wie immer Geschmackssache, rein showtechnisch lässt sich hier nur schwer ein Vorwurf konstruieren.

Auch STEELWING halten Originalität für eine überschätzte Tugend. PRIESTMAIDENACCEPTHEAD bis zum Abwinken heißt die Devise der Schweden. Oder besser: hieß. Der Gig in Otterfing war einer der letzten unter dem STEELWING-Banner. Die fünf Jungs aus Nyköping wollen künftig neue künstlerische Wege gehen.

Noch am Anfang ihrer Metal-Karriere stehen die Epic-Speed-Lokalmatadore SKULLWINX. Mit ‚The Relic‘ haben Lenny Hammerer und seine Mitstreiter kürzlich via Metalizer Records eine astreine Scheibe mit stilistischen Anleihen bei MANILLA ROAD, IRON MAIDEN und RUNNING WILD hingelegt, die Nervosität auf der Bühne ist schnell verflogen, so dass die Band und ihre Fans dieses Heimspiel in vollen Zügen genießen können. Hoch die Fäuste!

Und kurz oben lassen. Denn der Termin fürs nächste Trveheim steht bereits fest. Am 1. und 2. September 2017 werden sich im Otterfinger Sportzentrum u.a. OSTROGOTH, TALON und CLOVEN HOOF die Ehre geben. Die beiden Tagesheadliner aus Schweden und Großbritannien sollen demnächst bekanntgegeben werden. Auch dem enormen Durst wird Rechnung getragen. Einen Bier-Engpass zur besten Sendezeit wird es nicht mehr geben. Haben Hammerer und Co. jedenfalls fest versprochen.