Livehaftig

HARDER THAN STEEL FESTIVAL III

~ 30.09.2017, Sporthalle, Dittigheim ~


Man kann darüber spekulieren, warum ein Event wie das HARDER THAN STEEL FESTIVAL 2017 nicht wirklich viele Leute gezogen hat, obwohl sich das Billing wirklich sehen lassen konnte. SWORD, PRAYING MANTIS, MEGA COLOSSUS und WHIPLASH sind wahrlich keine Bands die an jeder Steckdose der Republik spielen. Dass sich das Umfeld für Konzert- und Festival-Veranstalter inzwischen schwieriger gestaltet, ist ein nicht auszublendender Aspekt, da sich – auch dank Internet – inzwischen jeder Dorfhansel zu einem Festival oder Konzert befähigt sieht. Wenn ich aktuell sehe, dass in Hessen ein Festival mit 20 Bands für 2018 promotet wird und im Vorverkauf 20 Euro aufgerufen werden, dann stellen sich mir die Nackenhaare. Wie bitte bezahlt man da die Bands, eine ordentliche Organisation, etc.? Aber auch die Nachahmer des erfolgreichen KEEP IT TRUE Festivals schießen wie Pilze aus dem Boden und schreien bei 500 Fans ausverkauft. So etwas ermutigt zu Spekulationen jeder Art. Aber eines ist sicher: Das zerstört ebenso die Szene wie das Ausbleiben der Fans bei kleinen Veranstaltungen wie dem HARDER THAN STEEL. Allem Anschein nach klebt man lieber hinterm Laptop fest und geilt sich selbst in Sachen „Ich weiß-, Ich kenne-, Ich habe-Modus auf. Aber mal den Arsch zu Shows bewegen, kommt da nicht in Frage. Bloß nicht weg aus der selbst gezimmerten Welt der Selbstbeweihräucherung.

So, zu weit vom Thema abgewichen, zurück zum HARDER THAN STEEL, das sein Programm durch zwei kurzfristige Absagen auf fünf Bands zusammenstreichen musste. CYRSTAL VIPER sagten ihre Show einen Tag vor dem Festival ab, da ihr Drummer aufgrund eines ärztlichen Eingriffs nicht in der Lage war den Gig zu spielen. Am frühen Morgen des Festivaltages cancelten dann INDIAN NIGHTMARE ihren Auftritt aufgrund eines Todesfalles im Bandumfeld. Dinge die man nicht beeinflussen kann, und somit gab man den verbleibenden fünf Bands mehr Spielzeit und begann später mit dem Event.

Die Eröffnungs-Rolle fällt MEGA COLOSSUS zu, die eh gerade auf Europa-Tour sind. Die Ami Truppe wird ja aktuell von nicht gerade wenigen als heißer Scheiß angesehen.

Auf der kleinen und relativ dunklen Bühne zockt sich der Fünfer durch saubere Metalgranaten amerikanischer/englischer Prägung. Auch wenn man nach 40 Minuten das Gefühl hat, vieles wiederhole sich, kommen die Herren gut an mit ihrem eigenwilligen Mix.

Die Songauswahl deckt fast den gesamten Backkatalog ab und das kollektive Bangen der Anwesenden spricht Bände. Ein Manko gibt’s dennoch: Für eine Metaltruppe dieses Kalibers wäre ein entsprechendes Outfit vielleicht nicht verkehrt.

THEM sind als nächstes dran. Und viele warten auf die „coole“ Show der Möchtegerne-MERCYFUL FATE/KING DIAMOND-Truppe. Musikalisch kann man gegen die Herren nichts sagen. Arschtight und geil gespielt.

Der Sound ist zwar nur suboptimal, viel zu laut. Doch über die Show der Band kann man diskutieren. Zwischen „albern“ und„cool“ gehen die Meinungen weit auseinander.

Man sieht die Band bemüht sich gut zu verkaufen, aber die ganze Chose ist so knapp vorm Lächerlichen in manchen Situationen, dass man die eigentlich gute Mucke fast vergisst. Aber allem Anschein machen THEM alles richtig, den Leuten gefällt’s, mir persönlich ist es deutlich zu kitschig.

WHIPLASH liefern daraufhin das harte Kontrastprogramm. Drei Mann auf der Bühne, das Knöpfchen gedrückt und ab geht die Thrash-Achterbahn.

Auch wenn mit Tony Portaro nur noch ein Originalmitglied am Start ist, genießt das Trio einen guten Ruf. So ballert man sich, auch wieder mit einem nicht sonderlich guten Sound, durch den nicht gerade kleinen Backkatalog und macht einen auf Abrissbirne.

Die Leute haben ihren Spaß, die Band hat Bock, das Merch verkauft sich ebenfalls gut. Alles zufrieden, alle happy. Sehr kurzweilige knapp siebzig Minuten.

Und schon steht das nächste Kontrastprogramm auf der Bühne. Wo WHIPLASH die Filigranität vermissen lassen, fangen die Briten PRAYING MANTIS erst an. Mit Hits ist die Truppe mehr als gesegnet und so arbeitet man sich durch eine großartige Setlist und zieht die schon gute Stimmung im Publikum noch etwas höher.

Dass die Bühne fast schon zu klein für die Herren ist, kann nicht übersehen werden, aber dennoch gibt man alles. John ‚Jaycee‘ Cuijpers ist gesanglich einfach eine Rampensau und liefert die Klassiker in perfekter Tonlage. Zudem ist seine Ausstrahlung auf der Bühne enorm.

Er macht Stimmung und die grinsenden Gesichter um einen herum sprechen eine deutliche Sprache. Dass man als Zugabe `Phantom Of The Opera` hervorzaubert überrascht dann doch, gerade weil die Band eine Vielzahl weiterer eigener Hits in der Tasche hat. Dennoch ein grandioser Auftritt und berechtigterweise Co-Headliner auf dem kleinen aber feinen Festival.

Mit 15 Minuten Verspätung steht dann endlich die Band auf den Brettern, auf die die meisten warten: SWORD. Die Kanadier mit ihrem erst zweiten Auftritt in Deutschland. Man erinnere sich nur an ihren grandiosen Gig beim KEEP IT TRUE.

Die Erwartungshaltung ist groß und SWORD liefern präzise. Der überraschend gute Sound macht die Songs noch wertiger. Sänger Rick Hughes ist fantastisch in Form. Seine Stimme dominiert die Power Metal-Granaten und Mike Plante liefert die phänomenalen Riffs dazu. Die Truppe klingt so etwas von tight, es ist die reine Freude. Mit `Spread The Pain` und `I Took My Chances` gibt es sogar zwei brandneue Stücke vom kommenden Album, das man in den nächsten Wochen aufnehmen will.

Dass der Strom kurzzeitig ausfällt, ist schade. Knappe 15 Minuten ist der Gig unterbrochen, aber SWORD wären nicht SWORD, wenn sie auch dieses Manko schnell vergessen ließen. Die mit Abstand beste Band des hochwertigen Festivals und ein perfekter Abschluss!

Fazit: Auch wenn zwei Bands kurzfristig absagen mussten, war das HARDER THAN STEEL musikalisch gesehen ein voller Erfolg. Dass so wenige Fans ihren Arsch nach Dittigheim bewegt haben, ist das eigentlich Traurige bei solch einer feinen Bandauswahl und dem familiären Flair des Festivals mit netter Shopping-Zeile vor der Halle, wo man die Händler seines Vertrauens wie GOM Records, Metalizer oder Underground Power Records vorfand. Man darf gespannt sein, ob es 2018 mit dem Festival weitergehen wird.


All Photos by: Thomas Schneider, Jürgen Tschamler