Redebedarf

ZATOKREV

Interview mit Frederyk Rotter


Anlässlich der Veröffentlichung des Debüts von ZATOKREV auf Vinyl schnappten wir uns Sänger/Gitarrist Frederyk Rotter, um über die Anfänge der Band und damit einhergehend das Debüt aus 2004 zu sprechen.

Frederyk, vor 16 Jahren begann das Abenteuer mit ZATOKREV. Hat es Euch damals überrascht, so schnell einen Plattenvertrag zu bekommen?

Ja total. Wir haben die Songs mit einem alten Fostex Harddisc-Recorder aufgenommen und hatten kaum Ahnung von Soundengineering. Es sollte ja auch bloß ein Demo werden. Unser Freund Dave hat’s dann während drei Tagen abgemischt, oder besser gesagt gerettet (haha) und gemastert. Wir hatten das dann erwartungslos in der Welt rumgeschickt. Als plötzlich die Angebote reinschneiten, dachte ich sogar manchmal, dass das irgendwelche Fake-Nachrichten sind. Glücklicherweise stellte sich raus, dass alles echt war.

Welche Bedeutung hat überhaupt der Name ZATOKREV, auch persönlicher Natur?

Zatokrev stammt aus dem gleichnamigen Song. Dies kommt aus dem tschechischen und bedeutet so viel wie „…dafür Blut“. Es setzt sich aus drei Wörtern zusammen, Za To Krev, bzw. man kann es auch in zwei Wörtern schreiben: Zato Krev. Diese Wörter bilden den Abschluss der ersten Strophe. Für uns bedeutete dies nichts weiter, als das wir unsere Musik aus purem Herzblut erschufen. Der Song ´Zato Krev´ war ja auch einer der allerersten ZATOKREV-Songs überhaupt, irgendwie ist mit dem Song erst alles erst richtig entstanden.

Prominente Zeitgenossen erzählen ja von trostlosen Tagen zu Eurer Bandgründung. Empfandet Ihr die Szene ebenfalls so bescheiden?

Ich würde sagen, dass auch damals die Rock-, Metal- und Hardcore-Szene in Basel eigentlich relativ lebendig war, aber nach außen recht unauffällig, da das Meiste, das Interessante im Untergrund stattfand. Heutzutage haben wir z.B. ZEAL & ARDOR und SCHAMMASCH, und wir haben das ‚Czar Fest‘ und generell viele Leute die gute Musik machen und schöne Events veranstalten. Das wird heutzutage viel offener von der lokalen Presse, von Publikumsfestivals, Agenturen oder von sonstigen prominenteren Musikschaffenden angenommen und gefördert. Die Basler Szene entwickelte sich in letzten Jahren tatsächlich sehr zum Positiven. Früher wurden Metalheads oft belächelt, heutzutage ist das eher selten der Fall, da man eben auch deren Musik viel ernster nimmt. Gleichzeitig hab ich den Eindruck, dass gerade auch die jüngeren Metalheads, die mir bekannt sind, wohl auch zu den offensten Musikhörern gehören.

Welche Initialzündung ist für die Gründung von ZATOKREV verantwortlich?

Ich spielte ja jahrelang als Sideman in diversen Bands, jedoch brannte es in mir sehr stark, meine eigenen Visionen zu verwirklichen. Damals hatte ich viele Probleme und Songs schreiben, war so ziemlich das Einzige, was mich damals beruhigen konnte. Ich hatte einen extremen Drang, diese mit anderen Leuten zu spielen, halt eben die volle Wand zu erleben, egal ob im Proberaum oder auf der Bühne. Allerdings war’s in Basel sehr schwer, Leute zu finden für die Art von Musik. Ich hatte kurz mal vier Leute beisammen, aber nach drei Monaten stiegen gleich zwei davon aus. Einer bekam Depressionen von der Musik, der andere Alpträume. ZATOKREV wurde eigentlich erst gegründet, als Marco dazukam. Ursprünglich war er als Gitarrist & Samples-Tüftler gedacht, da wir aber keinen geeigneten Bassisten fanden, stieg er schließlich auf den Bass um. Das war eine weise Entscheidung, denn der Bass steht ihm auch heute noch ausgezeichnet.

Und welche Gruppen liefen seinerzeit durch Eure Musikanlagen?

Puh, ich denk mal zurück… ENTOMBED, PUBLIC ENEMY, HOUSE OF PAIN, N.W.A., EYEHATEGOD, NEUROSIS, KYUSS, SMASHING PUMPKINS, DEATH, BOLT THROWER, FUGAZI, HIS HERO IS GONE, BREACH usw. also irgendwie querbeet von Hardcore, Metal, Rock bis Hip Hop.

Aber BLACK SABBATH und Konsorten dürften ebenfalls von Euch verehrt werden?

Die sind nicht wegzudenken. Schließlich haben die einen großen Teil der Art, die viele andere Bands und auch wir selber spielen, erfunden.

War die Veröffentlichung von ´Zatokrev´ ein willkommenes Angebot, das Ihr als Newcomer nicht ausschlagen konntet, oder wart Ihr von Eurem Material zu diesen Zeiten bereits selbst überzeugt?

Wir mochten unsere Songs, nur hat’s uns oft gewundert, dass so viele auf das „Demo“ abfuhren. Mit den Aufnahmen war ich nie wirklich zufrieden, aber damals war’s ein logischer Schritt in die richtige Richtung. Wir hatten sowieso keine Kohle, um richtig fette Aufnahmen finanzieren zu können. Der Release des Albums hatte uns weitergebracht und wir konnten dadurch gute Shows spielen. Das war wichtig für uns.

Mit solch einer schnellen Veröffentlichung in Europa und auch noch in Amerika konntet Ihr aber nicht gerechnet haben?

Definitiv nicht. Wir hatten natürlich so unsere Träume, aber keiner von uns hatte Vitamin B. Ich noch am meisten, da ich vor ZATOKREV mit anderen Bands bereits recht rumkam, das war musikalisch aber etwas völlig anderes, also half uns das auch nicht weiter. Ich stellte mir den Weg, um an ein größeres und supportives Label zu gelangen, sehr viel länger und steiniger vor, als dies schlussendlich der Fall war. Selbst der Anschluss in die Westschweiz war damals sehr viel schwerer. Bzw. für unbekannte deutschschweizer Bands war es früher (und ist es heute noch) sehr schwer in die Szene der französischen Schweiz zu gelangen. Für uns war damals das der Ort wo die „cooleren“ Schweizer Bands herkamen. Wir vergötterten zum Beispiel KNUT über alles. Wir fanden allerdings auch dort auf Anhieb ein sehr engagiertes DIY Label (‚Division Records‘), welches uns schließlich die Tore öffnete.

Und jetzt, in diesen Retro-Zeiten, sogar eine Neuauflage des Debüts auf Vinyl. Wer kam auf diese verlockende Idee?

Dies geisterte mir bereits seit Jahren im Kopf herum, da das Debüt auch das einzige Album war, welches nie auf Vinyl erschien. Ein guter Freund von uns hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass wir vor 15 Jahren unser erstes Konzert gaben. Er fragte mich, ob wir da nicht wieder in der alten Besetzung spielen möchten, um auch gleich noch das Debüt auf Vinyl zu veröffentlichen. Da haben wir’s mit seiner Unterstützung durchgezogen. Danke Philip !

War die Trio-Besetzung damals eigentlich eine Notlösung oder eine konsequente Entscheidung, die auch den Sound prägen sollte?

Es war eine totale Notlösung, wobei es heute immer noch so einige Leute gibt, die behaupten, dass wir damals als Trio die beste Figur in der Geschichte von ZATOKREV abgaben. Ich schrieb aber immer Songs für mindestens zwei Gitarristen, wir konnten dadurch viele Ideen live gar nicht so richtig umsetzen, bzw. es kam nicht selten vor, dass wir Songs für live umarrangieren mussten. Das Trio machte allerdings Spaß und war auch unkompliziert. Weniger Equipment, einfachere Logistik, weniger Diskussionen.. etc. Wir konnten uns außerdem auf kleinen Bühnen energetisch besser entfalten als zu viert.

Konntet Ihr Euch damals vorstellen, auch ohne Gesang zu spielen?

Nicht wirklich. Ich hatte einen starken Drang, Texte zu schreiben. Bzw. wir waren musikalisch ja immer sehr offen und wir hörten selber auch viel Instrumentalmusik, bei uns hatte sich das aber nicht ergeben. Ausschließen tun wir ja aber generell nichts, wäre ja blöd, wegen einer Verbohrtheit zum Beispiel ein geniales Instrumentalstück nicht zu spielen. Allerdings muss es halt auch 100% natürlich, ungezwungen und intuitiv entstehen, ansonsten macht das ganze sowieso keinen Sinn. Und eine der Natürlichkeiten die bei ZATOKREV passiert ist, dass ich früher oder später mit irgendeiner Form von Gesang einsetze.

Wieso habt Ihr den klaren Gesang nur auf zwei Songs integriert?

Das hat sich so ergeben. Wir planten das ja nicht. Man schreibt Songs, probiert Sachen aus und verwendet das, was für einen funktioniert und sich richtig anfühlt. Es kommt immer darauf an, wie man sich ausdrücken möchte. Auf der Nachfolgerplatte ´Bury The Ashes´ ist so gut wie kein Clean-Gesang drauf. Warum auch, ich hatte kein Bedürfnis. Heutzutage experimentiere ich dafür recht viel mit Clean-Gesang herum.

Wieso überhaupt in Englisch, der Titelsong zeigt, dass es auch anders geht?

Englisch ist sehr viel einfacher. Tschechisch ist zwar eine sehr lyrische Sprache, dafür auch recht kompliziert. Einen guten Text im Tschechischen hinzubekommen, ist sehr, sehr schwer. Ich kenne einige Bands, die tschechisch singen, oft ist das leider ziemlich furchtbar. Es klingt recht schnell sehr peinlich oder übertheatralisch. Da ist die englische Sprache sehr viel einfacher zu handhaben. Ich vermute mal, da ich mein ganzes Leben lang zu 99% englischsprachige Musik hörte, hab ich’s halt im Ohr und es fällt mir einfacher. Ich schließe es aber nicht aus, wiedermal einen Song in Tschechisch zu schreiben. Übrigens findest du auf der Split-EP mit Vancouver und auf der 2-LP von ´Bury The Ashes´ ebenfalls jeweils einen tschechischen Song. Die Sprache ist auf jeden Fall sehr interessant, um sie in dieser Art von Musik einzusetzen. Man muss sich aber viel Zeit nehmen dafür.

Auf Eurem zweiten Werk wuchs die Band auf Quartett-Größe heran. Eine unabdingbare Entscheidung?

Wie schon erwähnt, ich wollte immer einen zweiten Gitarristen, aber es war lange Zeit ein Hin- und Her. Auf der CD waren wir ja auch noch als Trio aufgeführt, der vierte Mann kam erst etwas später dazu als die Vinyl rauskam. Zwei Jahre später hatten wir uns allerdings wieder von ihm getrennt.

Anschließend zerfiel aber die Besetzung und Du bist als letztes, verbliebenes Bandmitglied Jahre später mit neuer Mannschaft zurückgekommen.

Ja. Ich dachte damals oft daran, das Projekt ZATOKREV aufzugeben. Wir drei sind zum Glück bis heute gute Freunde geblieben, obwohl das damals ein schwerer Schlag war. ZATOKREV war ein Projekt, welches mich in schwierigen Zeiten immer wieder auffing und die Tatsache akzeptieren zu müssen, dass meine zwei Weggefährten plötzlich andere Pläne hatten, war schmerzhaft. Oft wurde ich gefragt, warum ich Musik und meine Band so verbittert ernst nehme. Aber ich denke, wenn jemand als junger Mensch etwas findet, dass ihm das Leben rettet und den Weg weist, wird dies zu seiner Insel, die er/sie beschützt und intakt halten will. Dies stand über Allem. Ich war niedergeschlagen und ich konzentrierte mich lange Zeit nur auf meine akustischen Solokonzerte, bis ich mich wieder aufraffen konnte, um neue Bandmitglieder zu suchen. Glücklicherweise machte ich den Schritt. Heutzutage macht ZATOKREV mehr Spaß denn je, das Brennen ist immer noch da.

Welche Taten stehen ansonsten im Hause ZATOKREV momentan an?

Wir arbeiten zur Zeit fleißig parallel an mehreren Projekten. Leider kann ich dazu nicht viel verraten, außer dass es bald neues Material geben wird – in welcher Form wird die Öffentlichkeit schon bald erfahren. Wir arbeiten außerdem mit einer neuen Booking Agentur zusammen. ‚Dead Pig Entertainment‘ macht einen super Job und wir werden schon bald Shows ansagen können, auf die wir uns bereits sehr freuen.

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