Redebedarf

SWORDBROTHERS FESTIVAL – Interview mit ex-Veranstalter Volker Raabe

Nachgefragt………………..


Neben dem Keep-It-True-Festival (KIT) in Lauda-Königshofen und dem Headbangers-Open-Air (HOA) hoch im Norden, war das Swordbrothers Festival (SBF) in Andernach das bekannteste Untergrund-Metal-Happening in Deutschland. Im September 2014 ging die letzte Ausgabe über die Bühne. Wir sprachen mit Veranstalter Volker Raabe über das Warum, Wieso und über die Szene und ihre Unarten …
                       

Volker, das SWORDBROTHERS FESTIVAL ist Geschichte. Wie lief rückblickend die finale Ausgabe des Festivals?

Volker: Alles gut, Jürgen. Mit den anwesenden 400 Leuten konnten wir einen netten Schlussstrich unter das Festival ziehen. Ich denke, dass trotz der Absage von ATTACKER mit RAM genau die richtige Ersatzband verpflichtet wurde und jeder so auch bestens musikalisch entschädigt wurde. Wir jedenfalls waren mehr als zufrieden mit der finalen Battle.

Was hat dich letztlich dazu bewogen, mit dem SBF aufzuhören?

Volker: Extremster Zeitmangel meinerseits und die Erkenntnis, dass zwei Untergrund-Festivals mit dieser Ausrichtung letztendlich genug für unser kleines Deutschland sind.

Jetzt, mit etwas Abstand zur ganzen SWORDBROTHERS Geschichte. War es die viele Arbeit und den Stress über all die Jahre wert, solch ein Festival zu machen?

Volker: Ohne viele Worte darüber verlieren zu wollen: Ja, das war es ohne Wenn und Aber immer wert. 

Von der musikalischen Ausrichtung des Festivals her, standest du ja in Konkurrenz zum HOA und dem KIT. Deren Größe hast du nie erreicht. Woran lag das? Vielleicht daran, dass du nicht mit ganz so exotischen, exklusiven Bands aufwarten konntest wie die genannten Festivals?

Volker: Konkurrenz ist so ein fieses Wort im Untergrund. Nein, das sehe ich alles gar nicht so. Diese Größenordnung zu erreichen war niemals von uns angestrebt. Ich wollte mit dem SwordBrothers nur ein ähnlich gelagertes Festival veranstalten, wo selbst mal Bands spielen konnten, die auf den beiden etablierten Festivals niemals eine Chance bekommen würden. Und mal ehrlich, wir hatten mit SKULLVIEW im Original Line-up, MORGANA LEFAY, SPLIT HEAVEN (Mexiko), WITCHHAMMER (Norwegen) und, und, und … sicherlich mehr als genug exotische Bands am Start, die das HOA oder KIT noch nie gesehen haben. Ich denke eher, es liegt daran, dass wir mit diesen Events nur ein ganz kleines Grüppchen an Metalheads ansprechen, die teilweise Familien mit Kindern haben und dementsprechend vielleicht nur zwei Termine in ihrem Jahresfestivalplaner frei haben. Und da ziehen wir als das kleinste Event natürlich klar den Kürzeren, weil ausländische Gäste für einen Festivaltag natürlich nicht aus der ganzen Welt anreisen, allein schon aus finanziellen Gründen. Leid tut es mir nur um die vielen geilen, jungen neuen Bands, denen jetzt natürlich der Spielraum für eine Untergrund-Show genommen wird.

Gibt es demnach keine jungen Metalheads mehr in Deutschland, die auf solch ein Festival kommen, und nur noch die Ü35-Generation?

Volker: Auch das würde ich so nicht sagen, denn es gibt ja wieder genügend neue Spandex-Hosen Bands welche momentan wie Pilze aus dem Boden schießen. Ob es demnach nicht nur eine jüngere Generation an Bands gibt, sondern auch eine junge Generation an neuen Fans, entzieht sich meiner momentanen Kenntnis, denn auf dem SBF war das Durchschnittsalter bestimmt weit über 30 Jahre. Aber es wäre lobenswert wenn die Jugend wieder an die alten Sounds herangeführt wird.

Ist die sogenannte (Untergrund-)Szene selbst schuld, dass das SBF nicht mehr existiert, weil sie doch zu sehr aufs KIT und HOA fixiert ist?

Volker: Aus dem Blickwinkel würde ich das gar nicht sehen wollen. Ich meine, diese beiden Events haben sich ihren Status auch über Jahre hart erarbeitet, wobei das KIT hier definitiv für mich eine Ausnahmestellung einnimmt. Denn die norddeutschen Jungs haben das Konzept ja nach dem Erfolg von Oli & Co. auch mehr oder weniger nur übernommen und versuchen jedes Jahr erkennbar hier den Battle-Faktor mit ins Spiel zu bringen. Der Unterschied hier liegt einfach nur in der Indoor-/Outdoor-Konstellation. Und ganz so schlimm ist es ja dann auch nicht, denn etliche Events, auch im Ausland, schlagen ja mittlerweile auch in die gleiche Kerbe. Von daher gibt es in Zukunft noch genügend andere Alternativen als das SBF. Up The Hammers, Metalheadz Open Air, Heavy Metal Maniacs Festival, Ages Of Metal, German SBF – um nur ein Paar zu benennen.

Inwieweit bist Du noch in das German SBF involviert?

Volker: Auch das ist letztendlich immer noch mein Festival, nur hierbei habe ich seit Beginn einen Partner mit dem ich das zusammen veranstalte und welcher eine gute Verbindung zur Location hat. Er macht die Orga vor Ort, ich übernehme das Booking.

Hattest du in der Szene/Presse nicht genug Rückhalt und die Unterstützung für das Festival?

Volker: Hey, wieso sollte ein größeres Magazin denn so ein Festival präsentieren? Nach jahrelangem Bohren konnte ich irgendwann das Rock Hard Magazin doch davon überzeugen, sich mal mit dem Untergrund zu beschäftigen. Unterstützung hatte ich schon an allen Fronten, nur nicht von der Presse! Besonders bei den ersten sieben SBF´s. Wenn bei zwei bis dreien davon nicht drei schweizerische Die-Hard Supporter mit einer finanziellen Spende geholfen hätten, die Miesen auszugleichen, hätten wir es überhaupt nicht zu 13 Festivals gebracht. Nochmals vielen Dank dafür an dieser Stelle in die Schweiz!

Würdest du sagen, die Szene ist doch nicht so cool und loyal wie sie tut, sondern eher geprägt von vielen Selbstdarstellern? Was hat dich diesbezüglich am meisten angepisst?

Volker: Wir reden doch hier von der Untergrund Szene – richtig? Da fällt mir eigentlich nur das Sacred Metal Board zu ein. Dem Sprachrohr der deutschen Untergrund Szene. Gespickt mit Schulterklopfern und Nach-dem-Maul-Rednern. Aber eigentlich ist es ja mittlerweile mehr die Postille der Meinungslosen. Wie hier manche User gewissen Administratoren nach dem Maul reden, ist teilweise nur noch schauderhaft oder gruselig. Das hat mich dazu bewogen nur noch selten dieses Forum zu besuchen. Ich kann mir meine Meinung zu gewissen Sachen nach 35 Jahren Heavy Metal Fan auch noch selbst bilden und muss mir dort nicht, die teilweise dummen Kommentare über Newcomer Bands, Metal im Allgemeinen oder sonst einen Driss reinziehen. Dafür ist mir meine freie Zeit mittlerweile zu kostbar.

Mittlerweile gibt es ja noch mehr soziale Netzwerke als nur das SMB, in denen einige Szenesprachrohre ihre Meinung ausgiebig, gerade auch im Vorfeld einer Veröffentlichung, kundtun. Bekommst Du dieses auf Facebook o. ä. auch mit, wie hier die Leute mit dieser Meinungsmache beeinflusst werden?

Volker: Auf FB wird soviel Blödsinn gepostet, man bekommt schon hier und da was mit, aber eigentlich bilde ich mir mein Urteil über neue Bands und neue Platten generell selbst.

Nach welchen Kriterien hast du die Bands ausgesucht die auf dem SBF spielen sollten?

Volker: Die Musik der jeweiligen Band musste mir selbst gefallen, das war immer das Hauptkriterium.

Wie groß waren in der Regel die Gästeliste-Anfragen? Und nach welchen Kriterien bist du da vorgegangen?

Volker: GL Anfragen hat man immer ohne Ende. Ich hasse das wie die Pest, zumindest wenn es ein Event ist wo der Veranstalter letztendlich immer noch als Fan agiert und alles aus eigener Tasche selbst finanziert. Hier geht es ja auch nicht um Geld verdienen, sondern nur um das Festival auf Break even zu bringen!
Wenn jemand was dafür tut, Vorbericht-Nachbericht-Präsentation, ist das vollkommen in Ordnung für mich, dass man für seine Arbeit auch einen GL Platz bekommt. Aber solche Sachen wie „ich bring dann noch meine Freundin mit etc“, also +1 +2 etc., geht einfach mal gar nicht. Was tut die Freundin für den Event, oder wo ist die Berechtigung dazu? Und überhaupt, was habe ich mit der Freundin, Kumpel eines Musikmagazinschreibers zu tun? Gar nichts. Also, wozu da noch einen zusätzlichen GL Platz vergeben?

Was waren die größten persönlichen Enttäuschungen in all den Jahren?

Volker: Enttäuschend waren eigentlich immer nur alle diese supereuphorischen US-Bands, die irgendwelche Europashows zusagen, um dann sechs Wochen vor dem Event zu merken, dass all das ja gar nicht finanziell zu stemmen ist, aber deren Logo schon acht Monate lang auf Postern und Flyern präsent ist. Namen will ich hier mal nicht nennen. Oder wenn man eigens auf ein Festival fährt, um mit einer Band über einen Showcase zu sprechen, alles per Handschlag festmacht und dann kurz vor dem eigenen Festival sich ein Manager bei einem meldet und von all den Vorverhandlungen angeblich gar nichts weiß. Aber dann für die Show plötzlich das Dreifache an Gage haben möchte, als was mit der Band selbst vereinbart war. Das war zum Beispiel bei den Franzosen von NIGHTMARE so. Auch immer geil: drei Bandmitglieder erzählen einem drei unterschiedliche Geschichten warum die Band nicht zum Festival anreisen konnte. Und die große Osteuropaband, die Freitags eine Show 150 Kilometer von uns entfernt gespielt hat, dann zum SBF aber einfach ohne jegliche Angabe von Gründen nicht angereist ist. Wir vermuten mal, weil der Schlagzeuger nicht über sein Endorsement-Kit spielen konnte, weil wir einfach zu viel Zeit verloren hätten, wenn man das komplette Schlagzeug während des Festivals komplett umgebaut hätte. Wie lächerlich ist so etwas denn? Egal, so etwas gibt´s immer wieder aufs Neue. Auch das KIT und HOA haben davon bestimmt genug Anekdoten erlebt.

Was war das positivste Erlebnis im Zusammenhang mit dem SBF?

Volker: Ich sollte eigentlich nur die positiven Sachen in Erinnerung behalten! So richtig viel Negatives gab es eigentlich nicht ….aber richtig speziell waren dann schon solche Sachen wie ein gemeinsames Abendessen mit Ski von DEADLY BLESSING oder den HALLOWEEN Jungs am Vorabend des Festivals. Was für mich als Fan schon etwas ganz Besonderes war. Aber diese Geschichte hier finde ich am außergewöhnlichsten aus den ganzen SBF Jahren: Auf dem zweiten SBF tauchte eine Demo Band als Co-Headliner bei uns im Billig auf und es war zudem die allererste Show der Band außerhalb ihres Heimatlandes. Man kann ja heute über diese Band denken wie man mag, aber Angesicht dessen wo die Band heute steht, kann man ja das SBF als Geburtsstätte einer kommenden großen Band ansehen. Diese Band hieß übrigens SABATON!

Welches Ausgabe des Festivals war die erfolgreichste, welches die schlechteste?

Volker: Das erfolgreichste war Nummer vier mit OMEN und HALLOWEEN. Das war sogar schon im Vorfeld ausverkauft. Das schlechteste war Festival Nummer drei, wo einen Tag vor dem Festival ein Wintereinbruch die Anreise vieler Leute quasi unmöglich machte. Bandabholung in Frankfurt/Hahn, 60 Kilometer Entfernung zum Venue. Sechseinhalb Stunden hin und zurück Fahrzeit!

Was Bands betrifft, wo hast du negative Erfahrungen gemacht, bzw. was hat dich bei Bands positiv überrascht? Bezüglich Gagenforderungen, etc…

Volker: Hier ist mir eigentlich immer aufgefallen wie schlecht Bands ihren eigenen Status einschätzen können/wollen und auf Teufel komm raus ihre Gagenforderung durchsetzen wollen. Verstehe ich zwar, aber wenn man auf eine eigene Headliner Shows kein 100 Leute zieht, na ja…Viele deutsche Bands haben genau aus diesem Grund niemals einen Slot bekommen. Positiv sind mir immer die jungen Bands aus anderen Ländern aufgefallen, mit welchem Enthusiasmus sie Abstriche bei vielen Dingen gemacht haben, nur um das SBF spielen zu können.

Wie groß war das Team mit dem du das Festival organisiert hast bzw. die an der Planung und Produktion involviert war?

Volker: Eigentlich bestand das Team für Orga und Booking nur aus einer Person – mir! Vor Ort waren das dann nur vier/fünf ehrenamtliche Freunde, das Team vom JUZ Andernach und die gebuchte Security Firma am Start. That’s it.

Würdest du mit dem jetzigen Wissen das alles noch einmal machen?

Volker: Ja sicher! Ich bin Die-Hard Metaller und es ist mir bestimmt nicht leicht gefallen das SBF einzustellen! Eigentlich hab ich mich ja auch nur verlagert, denn ich habe für ein Festival hier bei uns in der Gegend das Haupt-Booking übernommen und die erste Veranstaltung dieses Jahr war überaus erfolgreich, so dass wir das 2015 auf jeden Fall wiederholen. Wen es interessiert: www.bäääm-festival.com

Was würdest du erfahrungsgemäß sagen: Sind im Vorfeld eines Festivals die Print- oder die Internet-Medien nützlicher gewesen?

Volker: Hier würde ich klar den Internet Medien den Vorzug geben. Diese können von jetzt auf gleich reagieren und News etc. schnellstmöglich an die Leute bringen. In Print-Magazinen hast du nur die Möglichkeit alle 4 Wochen irgendwelche Infos dorthin zu vermitteln und da diese Hefte auch eine Printdeadline haben-kommst du mit den 4 Wochen eigentlich gar nicht aus. Wenn das die Metalheads letztendlich lesen ist alles schon lange wieder ein alter Hut.

Any last comments?

Volker: Support the underground – what else!