Redebedarf

FIRE

Interview mit Jörg „Schrörg“ Düsedau


 Eine tolle 7inch, mit tollen Songs, folglich ein tolles Review. Was fehlt also noch, um uns ein vollständiges Bild von FIRE zu machen? Natürlich ein Interview, das nun endlich mit Gitarrist Jörg „Schrörg“ Düsedau zustande kam.

Eure 7inch ist seit weit über einem ganzen Jahr erhältlich. Schläft der gesamte Underground oder habt Ihr es versäumt, etwas Promotion zu betreiben?

Wir haben zu Anfang selbst etwas geschlafen. Auf einmal war die Single da und die Release-Show dazu musste direkt abgesagt werden. Der Club in Hamburg hat direkt pleite gemacht, drei Tage vor der Show. Also mussten wir erstmal eine Alternative finden. Dann wurde aus September schnell Januar … Und so zog sich das etwas hin. Dann habe ich angefangen, Promos zu verschicken und bis die dann in den Heften war, hat es halt auch etwas gedauert.

Ich arbeite ja im Booking Agent und kenne quasi alle wichtigen Personen im Metalbereich. Aber selbst da musste ich diverse Mal nachhaken, bis die Single endlich gehört wurde … schon krass. Wie das für eine Band ist, bei der keine Kontakte bestehen, mag ich mir gar nicht erst ausmalen …

Wie gut, dass ich mir das Teil schlicht bei Euch bestellt habe … Was ist denn in diesem einen Jahr diesbezüglich geschehen?

Wir haben gerade durchgezählt und festgestellt, dass von den 333 Stück nur noch 60 Exemplare da sind. Bestellungen kommen momentan keine mehr, aber Live verkaufen sich immer ein paar. Und tatsächlich hat uns ein Underground Vertrieb gleich 50 Stück abgenommen. Über ‚Nuclear Blast‘ wurden auch nochmal 30 Stück verkauft… nicht schlecht, wie ich finde.

Ich gehe davon aus, dass wir die letzten Exemplare bis Jahresende los sind. Spätestens mit Release der nächsten Single werden sicher einige die ‚Save Me‘-Single dazu bestellen und dann ist sie halt ausverkauft. Es wird definitiv keine Neuauflage geben.

Habt Ihr denn bei einigen Plattenfirmen etwas Interesse wecken können?

Yep! Wir haben grob vorab besprochen, die nächste Single auf einem kleinen Label im Norddeutschen Raum zu veröffentlichen. Allerdings nehmen wir erst alles auf und sprechen dann im Detail, wenn das Master fertig ist.

Wir haben die beiden Songs fast fertig aufgenommen. Aktuell fehlen nur noch der Gesang und ein paar kleinere Gitarren Overdubs. Wir haben wieder alles selbst gemacht, und mangels besseren Wissens wieder mal alles zweimal aufgenommen … Da wir bei uns im Proberaum aufnehmen, haben wir keine wirkliche Abhörmöglichkeit um den Sound zu checken. Wir nehmen auf und stellen dann zu Hause fest, dass wir die Mikros vielleicht doch nochmal anders positionieren sollten. Gerade mit den Gitarrensounds haben wir dieses Mal experimentiert. Schlussendlich haben wir zwei verschiedene Amps über zwei Boxen laufen lassen. Wir werden wohl nur ein direktes Mikrofon Signal davon nehmen, aber den Raumsound beider Amps. Dazu haben wir zur Sicherheit ein DI-Signal aufgenommen, einfach um es zu haben.

Henri Sorvali (der musikalische Kopf von FINNTROLL und MOONSORROW) hat die ´Save Me´-Single aus Spaß und für sich selbst zur Verbesserung seiner Fähigkeiten neu gemischt. Natürlich wollte er dann ein DI-Signal haben, um einen anderen Gitarren-Sound zu probieren. Beim nächsten Mal können wir das Signal dann liefern, falls er mal wieder gelangweilt ist …haha… Der Mix klingt ganz cool und geht Sound-mäßig mehr in die Richtung der ersten BLACK SABBATH-Alben. Wir planen aber nicht wirklich, diese Version zu veröffentlichen. Meik mag den Snare-Sound nicht …hehe…

Schreibt Ihr derweil fleißig neues Material?

Fleißig wäre geprahlt … Um mal ein Ziel zu haben, hatten wir uns vorgenommen, jedes Jahr eine Single zu veröffentlichen. Da wir aber alle ziemlich beschäftigt sind, nehmen wir für die Aufnahmen quasi die Probetage. Wir proben einmal die Woche und von vier Proben fällt im Schnitt eine aus … Wir sind halt alle beschäftigt, haben fast alle Familien, und stark beanspruchende Jobs etc. Momentan sieht es so aus, dass wir für jeden Gig zwei bis drei Proben ansetzen, weil dazwischen wieder Leerlauf, Aufnahmen oder Songwriting anstehen. Die Zeit fehlt dann für Aufnahmen oder Songwriting.

Wir sind sehr kritisch, was unsere Songs angeht. Wir versuchen Durchschnitt zu vermeiden, die Songs müssen schon sehr gut sein. Wir haben tatsächlich vier Songs nacheinander geschrieben und keinen der Songs beim nächsten Mal auch nur wieder angespielt. Wir haben uns zusammen die Aufnahmen angehört, uns angesehen und dann war klar, dass der Song nicht gut genug war. Der fünfte Song der dann kam, war ´Walking On Bones´, die A-Seite der kommenden Single. Der wurde dann direkt zehn Minuten lang und so ein Monster schreibt sich auch nicht in zwei Stunden. Allerdings war der dann schon nach vier bis fünf Proben fertig, inklusive Text und allem. Wenn es denn läuft, dann richtig. Und dann passiert es auch einfach. Wie auch immer, wenn wir unsere Idee dann alle vier cool finden, nehmen wir das.

´Walking On Bones‘ fängt mit einer Idee von Higgi an, das nächste Riff ist dann von mir. Damit die zusammen passen, mussten wir die Tonart von Higgis Teil ändern, ansonsten kam der Song einfach so aus uns raus. Nach sieben Minuten fertiger Musik stand ein Gig an und wir wollten den Song fertig bekommen und auch gleich live spielen … Der Gig ist dann ausgefallen und ich meinte dann zu den anderen, dass der Song noch nicht fertig ist und dass ich noch ein Riff dafür hätte … Zack, schon waren es zehn Minuten.

Wir haben jetzt gerade einen Song in Arbeit, der sehr vielversprechend, nicht nach unseren anderen Songs und doch typisch nach FIRE klingt. Wir wollen quasi unseres eigenes Best of-Tape sein, so wie früher die coolen Mix-Tapes aus den Achtzigern. Ich finde Bands, die ganze Alben im immer gleichen, eintönigen Stil schreiben, tödlich langweilig. Ein Album oder eine Live-Show muss einen gewissen Flow haben. Stark anfangen, sich steigern, etwas runterfahren um dann wieder nachzulegen. Das ist live dann gar nicht so einfach, wenn man lange Songs, aber nur 35 Minuten Zeit hat.

Wer ist grundsätzlich für das Songwriting bei Euch zuständig?

Wir jammen tatsächlich meistens rum. Higgi oder ich haben eine Idee, ein Riff oder zwei, spielen los, die anderen steigen ein und dann lassen wir uns von der Musik leiten, die aus uns herauskommt. Das klingt jetzt spiritueller als es ist, wir verstehen uns musikalisch einfach sehr gut und wissen, wie FIRE klingen sollen.

Ich glaube nicht, dass ich in den letzten zehn Jahren einen Song ohne Higgis Input fertig bekommen hätte. Wir sehen auch an dem anderen, wenn da eine Idee aufkommt und halten die anderen Beiden an, damit wir unsere Idee dann kurz zu Ende denken können, bevor wir sie auf dem Instrument umsetzen. Das funktioniert echt super. Wir sortieren uns auch ziemlich gnadenlos aus.

Higgi hatte vor Jahren mal einen Refrain, den ich ihm aus wenigstens zwei Songs rausgeworfen habe, weil ich diesen Teil echt kacke fand. Und dann hatten wir einen anderen Song und ich meinte nur zu ihm, dass ich genau weiß, welcher Teil jetzt gut passt … der besagte Refrain. Wir spielen den Song immer noch, dass ist der „Refrain“ unseres Instrumentals ´Der Rittersong´. Großartig, das Teil passt perfekt und gefällt mir da richtig gut, nach wie vor.

Gerade weil Eure Songs auf der 7inch eine große Bandbreite aufzeigen, zwischen MANILLA ROAD oder BROCAS HELM könnten sogar progressivere Bands bei Euren Einflüssen hinzukommen, womöglich deutscher Herkunft? Jetzt sag aber nicht MEGACE … 

Nee, mit Megace hat das echt nichts zu tun. Ich habe mich in Bezug auf meine eigene Musik ziemlich weit von MEGACE weg entwickelt. Ich liebe Bands wie VOIVOD oder WATCHTOWER nach wie vor, aber FIRE klingen wie sie klingen, weil wir unsere vier Persönlichkeiten einbringen.

Wir haben gerade auf dem ‚Unbroken Metal‘-Weekend gespielt, ein zwei-tägiges Underground Festival in Hamburg, eigentlich der 50. Geburtstag meines alten Bekannten Rüdiger Abend… der hat mit zwei Kameras unseren Song ´Another Rainy Day‘ mitgeschnitten und auf YouTube gestellt:

Klamsi liefert da eine echt unglaubliche Leistung ab, wie ich finde. Was für ein Sänger!

Kaum zu glauben, dass wir seine erste Metal-Band sind. Er hat sein ganzes Leben nur in Deutsch Rock-Bands gespielt, wollte aber immer Metal machen. Aber vielleicht singt er gerade auch deswegen etwas untypisch und sticht dadurch wieder aus der Masse raus. Und ich bin eine echte Zicke, was Sänger betrifft …haha…

Higgi spielt außerdem Bass bei POWERSLAVE, einer fantastischen IRON MAIDEN-Tribute-Band … entsprechend ist er stilistisch geprägt. Drummer Meik ist großer BLACK SABBATH-Fan und das ist wahrscheinlich auch die Band, auf die wir uns musikalisch am besten einigen können. Wir hören jede Show mit ´Snowblind´ auf, der Song funktioniert immer!

Die Zeit seit Bandgründung vor über einer Dekade verlief aber eher schleppend, oder?

Das kann man so sagen …hehe… Hervorgegangen sind wir aus der MOTÖRHEAD-Tribute-Band NÖ CLÄSS, bei der ich damals eine Zeitlang Gitarre gespielt habe. MEGACE habe ich 2001 verlassen, meine ich … Wir hatten natürlich auch die üblichen Besetzungswechsel. Klamsi ist unser vierter Sänger.

Vom ersten Line-up sind nur noch Higgi und ich übrig. Wir hatten ca. ein Jahr lang keinen Drummer, bis ich auf Facebook zufällig über Meik gestolpert bin, der mir eigentlich eine Bewerbung für seine andere Band LOFFT geschickt hatte … Seitdem haben wir uns bei LOFFT im Proberaum eingenistet.

Wir hatten auch mal ein Jahr lang keinen Proberaum, nachdem unser legendärer Proberaum unter dem Penny Markt platt gemacht wurde. Das war eine ziemlich schreckliche Zeit … Nachdem unser zweiter Gitarrist Zwonk dann 2013 ausgestiegen ist, weil er eigentlich mehr Boogie spielen wollte (mittlerweile aber zusammen mit seinen Brüdern NÖ CLÄSS reanmiert hat), waren wir noch zu viert und ich zum ersten Mal in meinem Leben ohne zweiten Gitarristen neben mir. Daran musste ich mich erstmal gewöhnen, aber das hat sehr schnell und gut geklappt. Über die Hälfte der alten Songs haben ohne zweite Gitarre nicht wirklich gut funktioniert und daraus ist dann irgendwie unser Hard Rock-Proto Metal-Mix entstanden.

Welche schönen Erfahrungen habt Ihr denn in anderen Bands bislang gemacht?

Ich kann da jetzt nur von mir reden … Meine Jahre bei XANDRIL waren schon sehr prägend. Mit einem Gitarristen wie Stephan Philipp fünf Jahre zusammen zu spielen war echt sehr lehrreich. Schade, dass er keine Band mehr hat. Dann dreizehn Jahre MEGACE … wenig Gigs, zwei Alben, diverse Demos … Wir haben damals im progressiven Thrash Metal einen wirklich guten Namen gehabt. Dazu mit Mela eine sehr außergewöhnliche Sängerin … Aber MEGACE waren musikalisch schon eine echte Geschmackssache. Wir haben uns musikalisch echt ausgetobt und versucht, möglichst schräg zu klingen. Da blieben die Songs dann durchaus auf der Strecke.

Das ´Inner War´-Album hat aber echt gute Momente. Der Kern von MEGACE ist für mich aus heutiger Sicht aber das ´This Is The News‘-Demo von 1990. Verrückterweise von Kai Hansen produziert, obwohl es musikalisch ja nicht so richtig Kais Baustelle. Aber es hat ihm viel Spaß gemacht und wir haben viel von ihm gelernt. Das war eine gute Zeit, musikalisch sehr befreiend. Aber live haben die Songs wenig Spaß gemacht, das Ganze war sehr steril. Heute kann ich viel befreiter losrocken … Wir spielen ja mit FIRE auch deutlich langsamer und grooviger.

Aber in den letzten Jahren seid Ihr als Band endlich aktiver. Wollt Ihr es jetzt wissen?

Wir werden keine Rockstars mehr! Hätten wir diese Line-up vor 25 Jahren gehabt, hätten wir was bewegen können, denke ich. Allerdings klingen wir auch nur so wie wir klingen, weil wir in der Zeit eben andere Sachen gemacht haben und jetzt quasi musikalisch am Ziel sind. Meik war da auch noch gar nicht volljährig …hahah…

Ich glaube, dass wir jetzt so gut sind, weil wir einfach sind wie wir sind. Und weil wir die Musik für uns machen und niemandem etwas beweisen wollen oder müssen, kommen wir entsprechend gut an. Wir sind echt, und das zu 100%. Wenn den Leuten unsere Musik gefällt, super. Wenn nicht, finde ich unsere Sachen immer noch klasse. Und Live sind wir mittlerweile echt richtig gut geworden!

Beim Coverartwork habt Ihr Euch auch richtig Mühe gegeben. Ein toller Anblick …

Ich kannte Costin Chiroeanu, weil er die LAKE OF TEARS-Live-DVD in Bukarest gefilmt und geschnitten hat. Ich arbeite schon lange mit LAKE OF TEARS und die Jungs sind in Rumänien echt ziemlich fett, noch größer als in Russland. Also haben wir die DVD in Bukarest aufgenommen. Ich habe mich dann auf Facebook mit Costin angefreundet und erst da mitbekommen, dass er derjenige ist, der die ganzen, coolen Cover macht. 2013 war er noch nicht ganz so dick im Geschäft wie jetzt. Ich habe dann mit ihm gesprochen, ihm gefiel unsere Musik und die Texte und wir haben einen echt fairen Preis von ihm bekommen. Das Cover für die nächste Single wird er auch machen. Die Grundidee steht schon, er wartet zur finalen Inspiration nur noch auf einen ersten Rough Mix mit Gesang.

Wie schaut es denn demnächst mit Live Auftritten aus?

Wir spielen am 18.05. mit THEM aus den USA und PECTORA (mit meinem Freund Søren Weiss von Blastbeast.dk) aus Dänemark im ‚Bambi Galore‘ in Hamburg. Am 7.07. spielen wir wieder im Bambi, dann mit TANK. Wir haben gerade Anfang März mit ROSS THE BOSS im Bahnhof St. Pauli auf dem Kiez in Hamburg gespielt. Das war auch echt cool!

Am 22.07. spielen wir auf dem ‚Tank mit Frank‘, ich habe da gerade BULLET als Headliner bestätigt. Das wird auch eine coole Sache. Na ja, dann müssen wir dringend die Single fertig stellen, damit die vor Ende des Jahres in den Verkauf gehen kann. Das wird wenigstens eine 10“. Mit insgesamt 17 Minuten Spielzeit passen die Songs nicht mehr auf eine 7“.

Die 12“ kommt dann wohl 2019. Vielleicht schaffen wir dann ja vier Songs. Eine CD planen wir nicht, wir legen immer einen Download-Code bei. Ansonsten ist Vinyl das Format unserer Wahl, schön Old School. Und 10 Zoll sind meiner Meinung nach sowieso das coolste Format … wie die Schellack-Platten damals …hehe…

Großartig.

 

https://www.facebook.com/firehamburg
https://fire666.bandcamp.com
fire(at)dragon-productions.com



Pics: Band/ErikaW666