Redebedarf

ATTIC

Interview mit Gitarrist Katte


Auch mit ihrem Zweitwerk ´Sanctimonious´ haben ATTIC ein vorzügliches Werk abgeliefert, das nicht nur den Metaller mit Vorliebe für Horror-Geschichten erfreuen sollte. Was seit dem Debüt alles passiert ist und wie sich die Arbeiten an ´Sanctimonious´ anließen, konnte uns Gitarrist Katte erzählen.

Vor viereinhalb Jahr erschien Euer Debüt. Ist Euch der Moment, das Debüt in den Händen zu halten, noch präsent?

Natürlich ist er uns noch sehr präsent. Wir hatten intensiv an ´The Invocation´ gearbeitet, hatten uns viele Gedanken über das Layout gemacht und waren einfach gespannt, wie das ganze in Umsetzung aussieht und natürlich klingt. Wir waren damals sehr stolz auf das Ergebnis und sind es auch heute noch.

Also, endlich Debüt! Ging der Weg dahin für Euch persönlich schnell oder war es ein langer Weg?

Rückblickend betrachtet ging damals alles relativ schnell. Nach Gründung schrieben wir die ersten Songs, spielten die ersten Konzerte, nahmen unser Demo auf, unterschrieben bei Ván Records und plötzlich hatten wir das Debüt in den Händen. In Wirklichkeit verging dazwischen natürlich immer viel Zeit, aber aufgrund der vielen neuen Erfahrungen, fühlte es sich rasant schnell an.

Wie hat Euch – Eurem Empfinden nach – die Metal-Community 2013 in Empfang genommen?

Zum größten Teil sehr gut. Wir gingen davon aus, dass unser Gesang zu exzentrisch für die breite Masse der Szene ist und uns lediglich einige Plattensammler charmant finden würden, aber das Feedback aufs Demo und ´The Invocation´ übertraf einfach jegliche Erwartungen. Natürlich gab es auch viel negative Kritik und richtigen Hass, der uns von vielen Seiten entgegengebracht wurde, aber das Positive überwog auf jeden Fall und es war überraschend und schön zu sehen, aus welchen unterschiedlichen Subgenres die Fanbase zusammenkam.

Tangieren Euch die KING DIAMOND-Vergleiche heutzutage noch?

Es ärgert uns natürlich, wenn wir als KING DIAMOND-Rip-off bezeichnet werden, weil wir uns selbst absolut nicht so wahrnehmen und die Leute eigentlich nur einmal auf die komplette Musik jenseits des Falsettgesangs achten müssten, um zu merken, dass dieser Gedanke nicht greift. Wir haben unglaublich viele Einflüsse, die uns mehr beeinflussen als KING DIAMOND, aber wir wissen natürlich, dass eine unglaublich große Parallele zum Gesang und der Affinität zur Horrorthematik besteht, weshalb wir niemandem wegen des Vergleichs böse sind, wir werden lediglich ungern darauf limitiert.

Habt Ihr den KING mittlerweile persönlich kennengelernt und kannte er bereits Eure Musik?

Wir haben 2013 gemeinsam auf dem Rock Hard Festival gespielt, wobei wir kurz die Gelegenheit hatten, ihn und die Band kennenzulernen. Ob ihm unsere Musik bekannt war oder ist, weiß ich nicht, ich habe ihm aber zumindest unser Debüt in die Hand gedrückt.

Welche schwerwiegenden musikalischen Vorbilder habt Ihr außer KING DIAMOND und MERCYFUL FATE?

Da gibt es eine Menge und ich denke jeder könnte dir da eine andere Antwort geben. Zum einen sind es natürlich die Bands, die uns überhaupt zur Musik und zum Musizieren gebracht haben, wie z.B. IRON MAIDEN und JUDAS PRIEST und ich bin ganz persönlich sehr von Bands wie DISSECTION, DENIAL OF GOD, Yngwie Malmsteen, RUSH, HELSTAR usw. beeinflusst und einfach sehr allgemein von NWoBHM, Black-, Doom- und US-Metal sowie Filmsoundtracks geprägt.

Für eine Newcomer-Band konntet ihr ziemlich schnell auf einigen großartigen Festivals spielen. Wie waren Eure Erfahrungen dabei?

Großartig! Es war einfach toll, auf Festivals zu spielen, die man regelmäßig als Gast besuchte und mit Bands zusammen zu spielen, von denen man selbst Fan ist. Wir haben es sehr genossen, auf großen Bühnen vor vielen Menschen zu spielen und das ganze Wochenende durchzufeiern.

Nun ist ´Sanctimonious´ fertig. Wie lange habt Ihr an der Scheibe gewerkelt …?

Das ist schwer zu beantworten. Nach ´The Invocation´ waren wir sehr liveaktiv, haben uns bei den Proben nur auf Touren und Festivals vorbereitet, weshalb es kein klaren Beginn des neuen Songwritings gab, dazu kam dann ein wirklich fruchtbarer Drummerwechsel 2014, der den Prozess ebenfalls verlangsamte. Der Großteil des Albums wurde jedoch 2015/2016 ausgearbeitet.

… und für die Studio-Aufnahmen gebraucht?

Nachdem wir eine Vorproduktion erstellt haben, waren wir etwa zwei Monate im Studio. Wir wollten uns diesmal den Luxus herausnehmen, das Album genau so aufzunehmen und zu produzieren, wie wir es uns vorstellten. Das Album wurde genau wie das Debüt in Solingen unter der Leitung von Chris Menning aufgenommen, allerdings holten wir uns noch Verstärkung von Laurent Teubl, dem Sänger und Gitarristen von CHAPEL OF DISEASE dazu, welcher speziell die Gitarrenspuren betreute und in dessen Studio wir die Leadgitarren aufnahmen. Die beiden waren bereits für das letzte DESTRÖYER 666-Album verantwortlich und es war einfach eine großartige Zusammenarbeit mit dessen Resultat wir vollends zufrieden sind.

Seid Ihr an das Album anders als an das Debüt herangegangen, nicht nur aufgrund des Konzepts?

Ja, das sind wir. Beim Schreiben und Aufnehmen konnten wir von den vielen Erfahrungen profitieren, die wir seit dem Debüt gemacht haben und wir sind an beides mit mehr Reflexion und Sicherheit herangegangen. Dass es ein Konzeptalbum werden sollte, schlug sich natürlich auch enorm auf den Schreibprozess nieder, da wir mehr oder weniger viele Songs parallel in halbwegs chronologischer Reihenfolge bearbeiteten und nicht einen Song nach dem anderen unabhängig voneinander abschlossen. Es war uns auch wichtig, dass Form und Inhalt zusammenpassen und es an keiner Stelle musikalisch oder textlich überflüssiges gibt, das nicht zu Handlung oder Atmosphäre beiträgt. Das Schreiben eines Konzeptalbums stellte sich im Verlauf auch als anspruchsvoller heraus als erwartet, was sich natürlich auch auf die Dauer des Songwritings niederschlug. Es war einfach eine komplett neue Erfahrung und wir sind wirklich sehr stolz auf das Resultat und hoffen, dass der Hörer daran genau so viel Freude haben wird, wie wir.

Könnt Ihr uns etwas über das Konzept verraten?

Da die Geschichte relativ komplex ist, fällt es schwer, dies in diesem Rahmen vollkommen befriedigend nachzuerzählen, zudem soll der Hörer selbst entdecken können, was in dem Album steckt. Es geht aber ganz grob um Schuld, Sünde, Buße, Erlösung und fehlgeleiteten religiösen Eifer. Die Story befasst sich im wesentlichen mit dem harten Gegensatz zwischen völlig überhöhtem, klerikalem Ideal und den menschlichen Abgründen, die damit einhergehen können. Die Einbettung in den kirchlichen Kontext bot sich auch deshalb so gut an, weil nirgends sonst die Moralvorstellung morbider und die Scheinheiligkeiten (deshalb übrigens auch der Albumtitel) größer sein könnten.

Müssen in solchen Horror-Stories Frauennamen fallen oder lassen sich Wörter wie „Alice“ besser singen?

Da sich die Geschichte des Albums in einem Frauenkloster abspielt, bleibt das Singen von Frauennamen nicht aus. Aber selbst wenn man sich die Lyrics von ´The Invocation´ anschaut, wird man feststellen, dass beinahe alle Songs von weiblichen Figuren handeln. Da sich jedoch die meisten Songs in einem christlich geprägten Kontext bewegen, ist dies nicht verwunderlich. Wir verwenden im Grunde die archetypischen Sorgen des Christentums um Hexerei, Besessenheit und das Weibliche, welches schon immer mit den Schattenseiten assoziiert wurde. Wahrscheinlich kann man uns eine Affinität zum anderen Geschlecht und dem theologisch Bösen auch einfach nicht absprechen.

Welche Vorbilder habt Ihr dieser Hinsicht aus der Horror- und Fantasy-Literatur oder Movies?

Nicht unbedingt Vorbilder, aber Inspiration. Wir sind große Horrorfans, was sich über alle Medien erstreckt und es wäre schwer, sich auf ganz konkrete Werke zu stützen, die uns bei ´Sanctimonious´, der Story und Atmosphäre beeinflusst haben. Im großen Rahmen könnte man da die Literatur und Kunst der Schwarzen Romantik nennen, aber auch die klassischen Gothic Fiction-Werke, wobei mir aufgrund der Thematik natürlich sofort ‚The Monk‘ von M.G. Lewis als Beispiel in den Sinn kommt. Anhand des Musikvideos zu ´The Hound Of Heaven´ kann man sich natürlich denken, dass es gerade die alten Hammer-, Amicus- und Roger Corman-Filme der 60er und 70er sind, die uns geprägt haben, aber speziell zum ´Sanctimonious´-Album kann man sich zur Ergänzung den einen oder anderen Nunsploitation-Film anschauen.

Welche Veranstaltungen mit Euch müssen demnächst besucht werden?

Am Besten natürlich jede. Ansonsten wird die Release-Show zum Album im Turock in Essen am 26.08.2017 etwas ganz Besonderes, da wir dort exklusiv das ganze Album live spielen werden, während VULTURE und CHAPEL OF DISEASE uns supporten. Darüber hinaus wird es am 4. November in Karlsruhe eine gute Show zusammen mit WITCHING HOUR und am 23.12. in Kassel ein Konzert mit MORGOTH und IRON THOR geben, das sich ganz sicher auch lohnen wird.

 

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