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WHITE BOY AND THE AVERAGE RAT BAND – White Boy And The Average Rat Band

~ 1981 (Tradewind Records)
2017 (Heaven and Hell Records) ~


Ich habe 1998 in einem Review des ‚Chaos‘-Fanzines aus den USA vom Underground Rock-Kenner Ray Dorsey das erste Mal von dieser Band gehört, Jahre später eine CDr mit dem einzigen Album des obskuren Outfits bekommen und wiederum Jahre danach per Zufall bei ‚Discogs‘ eine Bootleg-LP erstanden. Dass es irgendwann eine offizielle Wiederveröffentlichung gibt und die Band um den umtriebigen Rocker Mike Matney sogar wieder Liveauftritte absolviert, hätte wohl niemand gedacht. Aber der Kult hat überlebt und das tatsächlich zurecht.

Denn was hier geboten wird ist schlichtweg feinster rauer Heavy Metal mit einem hardrockigen Einschlag hier und da, typisch für die Zeit, rau und eigensinnig, zuweilen mystisch, immer aber unschlagbar eindringlich und einprägsam. Die Band kann man stilistisch zwischen SAXON, ACCEPT und HAWKWIND verorten, alle so um 1980 herum, vielleicht mit ein wenig THE RODS darin. Entsprechend also bei straightem Heavy Metal Rock mit einem Hauch spaciger Raumschiffatmosphäre. Dies geschieht bei dem dunklen Sci-Fi-Rocker ´Sector 387´, der auf ein freundliches Intro und den knalligen Headbanger ´Neon Warriors´ folgt. Nicht unbedingt ultrahart, aber cool groovend und mit dieser unterkühlt maschinellen Atmosphäre, wie sie die futuristischen Weltraumfilme der damaligen Zeit mit sich brachten. Heiß und räudig rockt dann ´Maybe I’m A Fool´ das Haus. Sägende Riffs in bester NWoBHM-Manier, ein Refrain mit nur einer Zeile, kochender Atmosphäre, wie sie in einem prall gefüllten Undergroundrockclub herrscht, feurigen Leads, die einem wie glühender Stahl in die Ohren schießen, das volle Programm. Ein brodelnd schwerer Headbanger folgt. ´The Prophet Song´, stampfend und walzend brät er alles nieder. Packend und mitreißend wie die Hymne von Jeans und Leder der Sachsen, nur noch entfesselter und zähflüssiger, vom Klang her schön dirty. ´Leaving Tonight On Vacation´ scheint mir vom Titel her eher was für Good-Time-Rocker zu sein und der durchaus von fröhlichen Dur-Tönen gebildete Refrain lässt erahnen, dass es hier ein Hardrocksong für gute Zeiten sein soll, der aber irgendwie durch den Fleischwolf gedreht überaus primitiv und aufs äußerste Verzerrt wirkt. Ein sexy Groove, eine coole Melodie und reduzierte Akkordfolgen machen ihn zu einem Wanderer zwischen den Welten. AEROSMITH oder BLACK SABBATH gemischt mit STOOGES, es geht alles. Diese Band macht mich wild. So wie sie auch klingt. Dreckig, aber elegant. Ein schönes Instrumental schließt sich mit ´Blue Moon´ an, bei dem es bluesig zugeht, viel Akustikgitarre zu hören ist und der Drummer wie ein Wilder verrücktspielt. Geil. Fetzig wird es auf dem Original dann ein letztes Mal mit ´Oriental Doctors´, einem mittelschnellen Heavyrocker, der 1970 schon geil gewesen wäre, aber 1981 immer noch frisch und aktuell klingt. Ich liebe den melodischen, aber sehr rauen Gesang, der schon fast zu einer Thrashmetalband passen würde, aber auch im Hardrock und Heavy Metal seiner Zeit eine gute Figur machte. Charismatische Stimme.

Die Bonusstücke sind gut, ´Tell Someone´ ein schöner Up-Tempo-Rocker mit Good-Time-Feeling, ´Will To Fight´ erdig straighter Mid-Tempo Heavy Metal mit intensiv jaulenden Leadgitarren und coolem, straightem Groove, dazu simplen, feinen Gesangslinien und Refrains. Der ´Smokehouse Blues´ ist ein etwas lahmer Bluesrocker, der unscheinbar ist, aber nicht stört. ´Phone Call From New York´ rockt härter, entfesselter und epischer, hat wieder dieses extrem wuchtige NWoBHM und Protometalfeeling, ist gar nicht so schnell, eher hymnisch dahinfliegend, aber genau das macht ihn aus. Die Rhythmen sind so knallig, dass sie zuweilen schon fast explodieren, die mit ihnen sehr eng zusammenspielenden Gitarren sprühen Funken und dazu der raue, dreckige Gesang, das ist ein irrsinniges Feeling. Und am Ende ´If I Find Love´, ein weiterer Song mit schöner, hoffnungsvoller Melodie, aber auch einem Sound wie von tausend Gitarren, so heavy und wild, voller Leidenschaft und Lebenslust. Fantastisch. Eine echte Hymne am Schluss.

Die fünf Bonusstücke gibt es nur auf der auf 500 Exemplare limitierten CD, während die LP Version in schwarzem (400 St.) und klarem Vinyl (100 St.) nur das klanglich restaurierte Album enthält. Auch das lohnt sich schon. Sammler werden alle drei Versionen kaufen. Wer also auf großartigen und noch mehr oder minder unbekannten Heavy Metal der Urzeit steht, wird hier reichlich fündig.

(9 Punkte)

[In Deutschland u.a. bei https://www.underground-power.de/ erhältlich]