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TORI AMOS – Native Invader

2017 (Decca Records) – Stil: Pop


´Native Invader´ ist weder ein erotisches Album, weder ein als Wendepunkt kunstreich ausgefallenes Werk, weder ein erneut glitzernder Meilenstein noch eine Enttäuschung. Die Zeiten, als die wachsende Anzahl an Zuhörern und Bewunderern Ihre Kinder nach Tori Amos benennen wollten, sind gleichwohl lange vorbei.

Die 54-jährige Tastenpoetin präsentiert schlichtweg ihr 15. Studioalbum, das von einer äußerst opulenten Orchestrierung lebt, dabei Elektronik bedachtsamer als einst auf ´From The Choirgirl Hotel´ (1998) einfließen, viele Gitarren von ihrem Ehemann Mark Hawley alias ´Mac Alladin´ eindringen und obendrein mit einer Geräuschkulisse spielen lässt. Nicht nur die Zeiten, als sie das Cembalo auf ´Boys For Pele´ (1996) für sich entdeckte, sind in der Historie versunken, nunmehr bemerkt der Verehrer oftmals urplötzlich, dass keinerlei Klavierklänge vom Bösendorfer ertönen. Schlagartig schleicht sich in das Bewusstsein die Erkenntnis, Tori Amos sei zu einer gewöhnlichen Songwriterin geworden. Natürlich verwöhnt sie mit Klavierballaden, ohne an ihre Glanzzeiten anzuknüpfen, wie dem dramatischen ´Breakaway´, ´Climb´ oder dem orchestralen Abgang ´Mary’s Eyes´, in dem sie ihre Gefühle äußerst greifbar offenbart, und somit an ´Under The Pink´ (1994) gemahnt. Ansonsten führt sie selbstsicher ihren Kampf gegen die Umweltverschmutzung, den Klimawandel und somit gegen ihren amerikanischen Präsidenten fort, bleibt insgesamt auf den Pfaden von ´Scarlet’s Walk´ (2002) und ´The Beekeeper´ (2005).

Huschend und energisch ihre Mezzo-Sopran-Stimme einsetzend, gereicht allerdings bereits ´Reindeer King´ zum frühen Höhepunkt. Ebenso das weit mehr als der Rest des Werkes, von Akustikgitarrensaiten vorangetrieben und mit aus dem Hintergrund auftauchenden Hammond-Tastenklänge bestückt, fröhliche Schwingungen der Melancholie versetzende ´Cloud Riders´. Dem stehen chillige, unaufdringlich pulsierende Pop-Songs wie ´Wings´ oder ´Chocolate Song´, Americana-Nummern mit Wah-Wahs wie ´Broken Arrow´ oder das Tribal-groovende ´Wildwood´ gegenüber. Bei dem hektischen Streichern ausgesetzten und elektronisch verzierten ´Up The Creek´ singt sogar abermals Toris Tochter Tash mit, Lisa Dalbello hätte sich ebenso angeboten.

(7,77 Punkte)