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STEVE WALSH – Black Butterfly

2017 (Escape Music/H´art) – Stil: AOR


Was macht eigentlich…die Stimme von KANSAS? Für diejenigen, die das interessiert, gibt es glücklicherweise eine essentielle Antwort: Vielleicht das beste Album seiner kompletten Solokarriere, nachdem er aus dem übermächtigen Schatten des Flaggschiffes herausgetreten ist, auf welchem er 2014 endgültig abheuerte.

Hierzu müssen wir uns abermals mit der Vergangenheitsbewältigung des Jahres 2017 befassen. Bereits im November erschien das vierte Solowerk des 67-jährigen, welches bei mir einige Zeit brauchte, bis es sich von der kleinen AOR-Raupe zu dem prächtigen Schmetterling entsprechend des Covers entwickelte. Und nun steht es auf einer Ebene mit Ian Andersons ‚Walk Into The Light‘, welches mein Alltime-Fave von Frontmännern außerhalb ihrer Hauptband mit dem Mut zum Freischwimmer darstellt. Dafür lässt Steve von dem grandiosen Gitarristen und Keyboarder Tommy Delander alles an Tastensounds rausholen, was er in seiner Karriere auch so eingesetzt hat, verbindet dies auf höchstem songschreiberischen Niveau, lässt Tommy viel Freiraum für virtuose Soli und macht sich textlich Gedanken um fanatische Mörder, Traumdeutung, Gedankenflut, Lebenswegentscheidungen, verlorene Liebe, Selbstmord, Soldatentraumata und die Apathie der modernen Welt. Remember Albumtitel schwarzer Schmetterling?

Jaja, blabla – aber was ist nun mit der Mucke? Wenn man unbedingt den Vergleich zu dem großen K ziehen muss, werden wohl nur die Liebhaber von ‚Power‘ oder ‚In The Spirit Of Things‘ freudig mit dem Schwänzchen oder Köpfchen wackeln. Doch es gibt soviel mehr zu entdecken, alleine dieses Talent an der Klampfe kann einfach alles von PINK FLOYD bis SAGA, was euch jetzt jedoch nicht auf eine falsche Fährte locken soll. Weitaus breit gefächerter als Steves erster Gehversuch damals mit STREETS fällt dieses Werk aus, jeder Chor trifft, jeder Effekt und jede Nuance sitzt an der richtigen Stelle. Abwechslungsreiche Zwischenparts sind in nach vorne abgehende Hits eingebettet, was anfangs einfach wirkt, entfaltet seine Perfektion bei jedem Hören. Und der alte Schlingel erlaubt sich noch den unübertroffenen Gag, drei Lieder von seinem stimmlichen Alter Ego Jerome Mazza einsingen zu lassen. Grandios, der Mann hätte beim Big K auch direkt anfangen können. Oder ihr nehmt das als Idee für die nächste Raterunde beim Albumtest am kommenden Nerd-Abend: Wer reitet gerade den Butterfly, Steve oder Jerome?

Auf einzelne Songs möchte ich bei diesem stimmigen Riesenlutscher für kleine Walshschlecker nicht eingehen, wer Anspieltipps braucht, höre das zweite Liederl ‚The Piper‘, mit dem die Idee eines Soloalbums überhaupt angefangen hat (basierend auf einer Idee Tommy Denanders) und die vorletzte erhabene Nachdenknummer ‚Mercy On Me‘. Eine Schallplatte, -demnächst- die der geneigte Liebhaber zur Veredelung seiner Sammlung haben sollte. Auch wenn alles wieder schmunzelt oder sich die Haare rauft, ich höre hier und kann nicht anders:

(9 lange gewachsene Punkte)

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