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GISBERT ZU KNYPHAUSEN – Das Licht dieser Welt

2017 (PIAS Germany/Rough Trade) – Stil: Musik


Es war ein langer Weg. Seit sieben Jahren war ein neues Werk von GISBERT ZU KNYPHAUSEN fällig. Das war tatsächlich ein langer Tunnel. Kein Licht war am Ende zu sehen.

Es war ein langer Leidensweg. Dafür benötigt jeder Mensch viel Kraft und viel Hoffnung. Denn im Leben liegen Freude und Trauer stets dicht beieinander, auch bei Gisbert zu Knyphausen. Kaum hatte er sich mit Nils Koppruch zusammengetan, 2012 unter KID KOPPHAUSEN das Werk ´I´ veröffentlicht, schienen die Sterne mehr als gut zu stehen, doch durch den plötzlichen Tod von Nils Koppruch am 10. Oktober 2012 endete die strahlende musikalische Liaison bereits als sie gerade erst begonnen hatte. Es tat sich unvermeidlich eine große Leere auf, die Gisbert zu Knyphausen erst nach und nach wieder mit Liebe und Leben füllen konnte. Die Kraft, die er selber lange ausgiebig brauchte, gibt er nun seinen Anhängern wieder, schenkt ihnen Tropfen der Hoffnung aus. Endlich dürfen sonnenklare Lichtstrahlen einfallen und der neueste Kompositionsreigen überall erklingen.

‚Das Licht dieser Welt‘ ist mit Liedern als Lebensanleitung ein wahres Geschenk. Zwei davon gar in Englisch gesungen, zaubert Gisbert Melodien aus der Hinterhand, die überhaupt nicht beliebig klingen. Ein Vergleich des Singer-/ Songwriters mit Marius Müller-Westernhagen oder ELEMENT OF CRIME dürfte sich der Künstler demnach verbitten. Produziert von Jean-Michel Tourette gesellen sich diesmal zur Gitarre ebenso Vibraphone, Synthesizer und Klavier, Posaunen und Trompeten. Aber insbesondere die Percussions und Trommeln von Tim Lorenz tragen nachhaltig zum Soundbild bei. Dieser himmelt am schönsten den Mond an, wenn in ‚Sonnige Grüße aus Khao Lak, Thailand‘ die Melodien zum Schwelgen verführen. Aus diesem Grunde ist es ein Album für den Herbst oder für die Zeit kurz davor. Hören sollte man es auf Anraten jedenfalls mittwochs, von der 90-jährigen – die bereits lange durchs Leben gelaufen ist und mehr Glück hatte als das totgeborene Kind – oder ihren Enkelkindern; und natürlich selbst von Deiner Angebeteten, für die Du das Mondlicht sein willst, die am hellsten für sich ganz alleine scheint. Also, lass sie ziehen, etwas Besseres als sie, etwas bessere als den Tod findet sich überall. Ganz gleich ob im Norden, Osten, Süden oder Westen, im Leben findet sich immer etwas Besseres. Vielleicht sogar spontan Musiker, um eine Band zu gründen und bis in den Morgen hindurch zu spielen.

In solch einer unaufhörlichen Spiellaune kämpfen sich Gisbert und seine Band fiebrig durch den hermetischen Tunnel der Eröffnungsnummer ‚Niemand‘. Hier spricht er noch einmal in der Ich-Form und flutscht dann aus dem Loch der vergangenen Jahre in ein neues Tal des Lebens hinein, in einen neuen Abschnitt, in dem bei jedem Menschen ein inneres Leuchten glimmt. Ein brennendes, nicht zu fassendes Licht. Die Freiheit, die Seele eines jeden. Also lächelst Du immerfort, jetzt auch noch im Novemberlicht, bekanntlich zieht das Leben unnachgiebig weiter und Weihnachten kommt bald. Darum lässt sich in der Besinnung Euer Leben mit der Warteschlange an einem Eiswagen im Sommer vergleichen, die am himmlischsten anzuschauen ist, wenn Ihr dabei lacht. Allerdings werdet Ihr es niemals lassen können und macht der unaufrichtigen Angebeteten ein Mix-Tape: mit dem neuen Über-Song ‚Sonnige Grüße aus Khao Lak, Thailand‘, mit ´Niemand´, ´Stadt Land Flucht´ und ´Keine Zeit zu verlieren´, für das ganze nächste Jahr, notfalls auch für weitere sechs Jahre.

(8 Punkte)

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