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GALAHAD – Quiet Storms

2017 (Oskar/Independent) – Stil: Prog Rock


Die erste Enttäuschung hinsichtlich des neuen GALAHAD-Albums sollten sich Anhänger umgehend abschminken. Selbst wenn sie nach den Zwillingswerken ´Beyond The Realms Of Euphoria´ und ´Battle Scars´ mindestens auf ein Meisterwerk wie das bereits zehn Jahre alte ´Empires Never Last´ gehofft hatten, sollte die mit ´Quiet Storms´ gezeigte, eher ruhigere Seite der Band ebenso umgehend begeistern.

Dennoch ist ´Quiet Storms´ mehr als ein Appetithäppchen für Zwischendurch, keine EP, sondern ein vollständiges Album, das mit seinen klassischen Arrangements auf der Basis von Gesang, Klavier, Keyboard-Orchestrierung und Akustik-Instrumentarium begeistert. Denn bei GALAHAD sind es die anbetungswürdigen Melodien und die außergewöhnliche, besonders stark zur Geltung kommende Stimme Stuart Nicholsons, die nichts anderes als ein Niederknien herausfordern. So zeigt diese Werkschau eine monströse sowie melancholische und nicht die Heavy-Seite der englischen Kult-Band.

Der älteste, hier vertretene GALAHAD-Song ist eine neue Version von ´Don’t Lose Control´ aus dem ´91er-Album ‚Nothing Is Written‘; die neuesten Songs sind zwei brandaktuelle, frisch komponierte. Zum einen das wunderbar, atmosphärisch düstere ´Weightless´ sowie ´Willow Way´, eine leicht folkloristische, pastorale Nummer, die von Stuarts Vater Robert ‚Bob‘ Nicholson geschriebene Lyrics enthält. Zwei außergewöhnliche Cover-Versionen finden sich ebenso ein. Das anfangs befremdlich wirkende RAMMSTEIN-Stück ´Mein Herz Brennt´, dessen Wirkung sich – allein mit Gesang, Klavier und Geige – erst spät entfaltet, da der von Stuart natürlich in Deutsch gesungene Text einen eigenen Charakter entwickelt. Erinnere Dich, Du, Herz aus Stahl. ´Marz (And Beyond)´ des Amerikaners John Grant wurde hingegen mit zwei neuen Strophen sowie einem abgeänderten Refrain verlängert und ist phantastisch geworden.

Vom ´94er ‚Galahad Acoustic Quintet‘-Album erklingen eine neue Version von ´Melt´ sowie ´Iceberg´ – zum Dahinschmelzen. Der kleine ´95er ‚Sleepers‘-Song ´Pictures Of Bliss´ erfährt sogar eine Neuauflage und die wundervollen ´Easier Said Than Done´ und ´Shine´, beide von ‚Following Ghosts‘ aus 1998, zeigen einerseits ein Alt-Saxophon-Auftritt von Sarah Bolter und andererseits die songwriterische Klasse der Band. Wessen rote Blutkörperchen mit seinen weißen Partnern keinen Emotionsausbruch erleiden, sobald die akustische Version von ´Termination´, mit Christina Booth (MAGENTA), und der Übersong ´This Life Could Be My Last´, beides Songs von ´Empires Never Last´ aus 2007, dem ist nicht mehr zu helfen. Obendrein muss tiefe Bewunderung für ´Guardian Angel´, aus dem 2012er ´Beyond The Realms Of Euphoria´, das gleich zweimal, auch in einer Hybrid-Version mit Reprise vertreten ist, sowie für den ursprünglich ebenfalls aus diesem Werk stammenden Song ´Beyond The Barbed Wire´ ausgesprochen werden.

GALAHADs Musik reizt abermals alle Sinne, essentiell für alle Verehrer.

(9 Punkte)

https://www.galahadonline.com/
https://www.facebook.com/room801/
https://galahad1.bandcamp.com/album/quiet-storms
https://soundcloud.com/galahad-1/weightless