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ELOY – The Vision, The Sword And The Pyre (Part 1)

2017 (Artist Station Records/Soulfood) – Stil: Progressive Rock


Der 72-jährige Frank Bornemann will es nochmals wissen. Nach einer Mammutproduktion von über zweieinhalb Jahren und einer vorangegangenen literarischen Vertiefung ohnegleichen, präsentieren ELOY den ersten Teil von ´The Vision, The Sword And The Pyre´, dem im kommenden Jahr der zweite Teil und zu guter Letzt sogar eine Bühnenfassung in französischer Sprache folgen soll. Die Rockoper erzählt die Geschichte der nur 19 Jahre jung gewordenen Jeanne d´Arc, die auch als Johanna von Orléans oder Jungfrau von Orléans bekannt ist und von der römisch-katholischen Kirche als Jungfrau sowie Heilige verehrt wird.

´The Vision, The Sword And The Pyre´ ist laut Frank Bornemann das erste Konzeptwerk seit ´Power And The Passion´ (1975), obwohl der spätere Klassiker ´Ocean´ (1977) ebenso als Konzept in die Annalen einging. Jetzt wurde aber eine konkrete und keine erfundene Geschichte vertont, die Bornemann so authentisch wie möglich nachzeichnen wollte. Jeanne d´Arcs Waffengefährten Jean de Metz, der sie auf ihrem sich nur über zwei Jahre erstreckenden Wirken bis zum Scheiterhaufen begleitete, wurde dabei im Handlungsverlauf die Rolle des Erzählers zugeteilt. Und so singt Frank Bornemann schlichtweg die Gedankengänge der in die Handlung verstrickten Personen, ohne unzählige Gaststars zum Gesangeinsatz von Dialogen einzubinden. Allein die kanadische Sängerin Alice Merton referiert als Jeanne d´Arc gesprochene Passagen im Wortlaut. Im weiteren Verlauf singt ferner die von den letzten ELOY-Liveauftritten bekannte Alexandra Seubert sowie die deutsche Bluesrock-Sängerin Jessy Martens. Neben Frank Bornemann agiert die ELOY-Crew mit den Keyboardern Michael Gerlach und Hannes Folberth, Bassist Klaus-Peter Matziol sowie Drummer Kristof Hinz.

Der sinfonische Tonfall dieses 62-minütigen Gesamtwerks, das als ein großes Musikstück anzusehen ist, scheint zu Beginn (´The Age Of The Hundred Years‘ War´) weit düsterer als es die Kompositionen bis in die letzte Dekade noch waren. Etwas Licht fällt hinein, als sich die Eltern von Jeanne im Januar 1412 über deren Geburt freuen (´Domremy On The 6th Of January 1412´). Schließlich entfalten sich die Keyboards langsam voluminöser, ohne überhaupt auf dem ganzen Album in allzu unnötige Solo-Eskapaden abzuschwenken, und auch der Gesang des Meisters blüht auf (´Early Signs…From A Longed-For Miracle´). Jeannes Vater spricht verwundert, sie immer nur in der Kirche, in der sie anscheinend mit sich selber spricht, anzutreffen (´Autumn 1428 At Home´). Drückender schwebt die Sinfonie voran, dazu erschallen erste, leicht stürmische Gesänge und Alice Merton spricht im Namen von Jeanne d´Arc (´The Call´). Schließlich wird der Hörer tatsächlich Zeuge des ersten Refrains, den ein überschaubarer Frauenchor darbietet, und von Jeannes Auszug aus dem Elternhaus (´Vaucouleurs´), ehe ein flott werdendes Instrumental für die gar nicht so nötige Erholung sorgt (´The Ride By Night…Towards The Predestined Fate´).

Innerhalb der nächsten zehn Minuten (´Chinon´) dürfen Frank Bornemanns Sprechgesang, dezente Medieval-Einflüsse, mächtige Chöre sowie erneut Alice Mertons musikalisch untermalten Jeanne d´Arc-Ausführungen gelauscht werden. Außer voluminösen Männerchören und einem Kinderchor gibt sogleich die 45-jährige Sängerin Isgaard ihren Operngesang zum Besten (´The Prophecy´). Langsam steuert die Musik auf ihren wahren Höhepunkt zu, mit Bombast, Flöte und Chor (´The Sword…The Dawning Of The Unavoidable´). Geschmackloserweise hat sich hier Frank Bornemann bei seinem bereits damals Jeanne d´Arc gewidmeten Song ´Company Of Angels´, vom 1994er Werk ´The Tides Return Forever´, den Chorus entliehen. Gemächlich geht es sodann gen Orléans (´Orléans´) – Oh, Orléaaaaaaans – und schließlich wird im berühmten Gefecht die Stadt zurückerobert (´Les Tourelles´). Die Schlacht ist gewonnen, von der Kathedrale läutet das Siegesgeläut, allein Jeanne d´Arc wirkt traurig und Jessy Martens vermittelt das leidvolle Klagen mit einer überragenden Gesangsdarbietung (´Why?´). Zuhörer und Anhänger verfallen gegenwärtig im gleichen Maße nicht in einen Freudentaumel und warten auf ´The Vision, The Sword And The Pyre (Part 2)´.

(7,5 Punkte)

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