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ATTIC – The Invocation

~ 2013, Amber Vinyl Box (Ván Records) – Stil: Heavy Metal ~


THE KING IS DEAD. LONG LIVE THE KING. LE ROI EST MORT, VIVE LE ROI. EL REY HA MUERTO. ¡VIVA EL REY! DER KÖNIG IST TOT. LANG LEBE DER KÖNIG! Oder lieber: KILL THE KING. THE KING IS DEAD. I AM THE KING, LONG LIVE THE KING. Aber der König lebt. Der König ist weder tot, noch hat er abgedankt. Der König ist der KING. Der KING ist Kim Bendix Petersen. Besser bekannt unter dem Namen KIND DIAMOND. Der KING regiert auch noch in seinen Landen, auch wenn er zurzeit seine europäischen Ländereien verlassen hat und im amerikanischen Exil residiert. Nach vielen Jahren der Rekonvaleszenz hat der KING sogar in diesem Jahr zu einigen Audienzen sein Kommen bestätigt.

Doch in den letzten Jahren haben sich einige junge Vasallen in Stellung gebracht und sich im Kampf auf dem Feld gestärkt. Es kann nur EINEN geben, dies wollten die jungen Recken nicht kampflos hinnehmen. Erst meuterte die junge Garde aus Schweden. IN SOLITUDE und besonders PORTRAIT übernahmen die Ingredienzien des Königs und seiner ehemaligen Kompagnons MERCYFUL FATE ziemlich eindeutig, konnten sie aber mit jugendlichem Esprit neu beleben. Doch am Status des KINGs konnte keiner rütteln, da sie auch nicht das richtige Maß für die Songgerüste gefunden hatten.
Jetzt versuchen die Gelsenkirchener Knappen von ATTIC in die Fußstapfen des Königs zu treten. Mit frischem Elan und einem passenden Old-School-Sound wird echter 80er Heavy Metal geboten, wie man ihn nur lieben kann. Folglich traten ATTIC völlig Old-School im letzten Jahr mit ihrer Erstveröffentlichung, einer Demo-Kassette, in das Rampenlicht der Öffentlichkeit. ATTIC lagen damit auf einer Wellenlänge mit ebensolch grandiosen Kassetten-Releases von ATOMIC CRIES, BALAM, ESTEL, FISTER, GRAVEN RITE, IN THE COMPANY OF SERPANTS, METAL GRAVE, ROMERO, SERPENT, SPEEDBREAKER, TRENCHGRINDER, VESTAL CLARET oder WYTCH HAZEL allein im vergangenen Jahr.
Aufgrund der großen Nachfrage wurde das Demo natürlich auch umgehend auf CD veröffentlicht und nun stand schon Ende 2012 das erste Full-Length-Album in den Regalen. Eine limitierte `Amber Vinyl Box` wurde Anfang 2013 herausgebracht und ließ das ATTIC Logo protzig in güldenen Lettern auf der Vorderseite der pappigen schwarzen Kartonbox glänzen. In der Box kamen die güldene LP im Gatefold-Cover, ein LP-großes Booklet, zwei Poster, ein Zertifikat, eine CD und ein exklusives Tape zum Vorschein. Allein die Box ließ alle Kampfesgenossen vor Freude jauchzen. Wäre die Box selber nicht gar so dünn-pappig, müsste man schon bei dieser Aufmachung die Höchstnote zücken.

Letztlich ist aber eine Steigerung zum Demo in allen Facetten zu attestieren. Wer in so kurzer Zeit solche Quantensprünge vollziehen kann, von dem ist auch noch in naher Zukunft Großes zu erwarten. ATTIC haben sich glücklicherweise nicht auf den gefährlichen Feldzug eingelassen, gar progressiv im Sinne der frühen MERCYFUL FATE aufzuspielen, sondern bevorzugen klar die eingängigere Variante, falls man dies bei der Art von Musik überhaupt so bezeichnen kann. Und diese Entscheidung war goldrichtig. Fast jedes Lied kann metallic glänzen. Klassisch melodische Gitarrenläufe werden vom überragenden Gesang von Meister Caglistro begleitet! Auch wenn die Musik an sich keine Blaupause von MERCYFUL FATE oder KING DIAMOND ist, Meister Caglistro könnte auch im Musikantenstadl auftreten, er würde trotzdem noch nach KING DIAMOND klingen. Er will so klingen und er macht es – ohne den KING gänzlich direkt zu kopieren – vorzüglich.

Die Musik entspringt natürlich der NWoBHM mit einem leichten US-METAL-Anteil; IRON MAIDEN und JUDAS PRIEST sollte man erwähnen, ebenso Bands wie DEATH SS oder HALLOWEEN, die auch mit einem Okkult- bzw. Horrorimage geworben haben. Die Gitarrenmelodien der Knappen Katte und Rob stehen neben dem Gesang des Meisters klar im Vordergrund des Hörvergnügens. Der Gitarrist ist ebenso wie der Drummer Roman ein ehemaliges ERAZOR-Mitglied, während der Bassist Chris und auch Katte mal bei WARHAMMER aufspielten. Mit dem vom Demo wohlbekannten Intro und Song `Funeral In The Woods` ziehen ATTIC gleich vorzüglich in die Schlacht („Funeral in the woods, her shame is not over yet, a wooden cross between the trees, but she won’t rest in peace, funeral in the woods, damned to rot alone, a wooden cross between the trees, but she won’t rest… she won’t rest in peace”). Doch Songs wie `Join The Coven`, `Ghost Of Orphanage`, `The Invocation`, `The Headless Horseman` (Never pass the haunted moor at night, beware of the headless rider, when you hear his hooves, you know it’s too late, beware of the headless rider!”) und `Satan`s Bride` stehen dem vorgelegten Niveau in nichts nach. Auf zukünftigen Alben will ich aber noch mehr ganz ganz große Songs für die Ewigkeit hören, denn dazu werden ATTIC bald in der Lage sein. Drei Songs vom Demo wurden nicht auf `The Invocation` platziert, wobei das grandiose `On The Belfry` das Album auf jeden Fall bereichert hätte. Wenn dann im finalen Song `Evil Inheritance` dankenswerterweise vom normalen Weg abgewichen wird, das beste Gitarrenlead des Albums den Refrain veredelt und sich zum Schluss nach einem Break mit dem Schlachtruf „Evil“ in das Kampfesgetümmel geworfen wird, dann brandet ein Kampf auf, dessen Ausgang in nicht allzu weiter Ferne feststehen wird. Der Kampf um die Krone hat hiermit begonnen und ATTIC stehen als erste Band in der Schlachtenreihe. HAIL TO THE KING.

(9 Punkte)