Livehaftig

KREATOR, ARCH ENEMY, SODOM, VADER

13.12.2014, Tonhalle München


„Unglaublich, wie voll die Hütte hier is‘! Dat issn ein echtes Highlight hier auf der Tour.“ Einem unverstellten Typen wie Tom Angelripper nimmt man derlei Komplimente gern ab. Spontan, begeisterungsfähig und stets mit Herzblut bei der Sache – SODOM sind der Sympathie-Gewinner an diesem Abend in der mit 2400 Leuten ausverkauften Tonhalle. Nach den polnischen Vorzeige-Härtnern VADER, die ihren präzisen Mix aus SLAYER und MORBID ANGEL trotz leichter Soundprobleme souverän ins altersmäßig breit gefächerte Volk feuern, schnellt die Stimmung bei ‚Agent Orange‘ direkt in den roten Bereich. 25 Jahre hat das populärste (und wohl auch beste) SODOM-Album inzwischen auf dem Buckel. Ein schöner Anlass, um den Schwerpunkt mit vier Songs auf diesen deutschen Thrash-Klassiker zu legen.

‚Remember The Fallen‘ brüllt gefühlt die ganze Halle mit, ‚Tired And Red‘ sorgt bei der Ü-40-Gemeinde für wissendes Nicken. Über ‚Ausgebombt‘, vor dem sich Tom seines durchgeschwitzten Langarm-Shirts entledigt, müssen wir hier nicht diskutieren. Und ob der Meister beim neuen ‚Sacred Warpath‘ und den Uralt-Schoten ‚Sodomy And Lust‘ & ‚Blasphemer‘ („als Absacker“) deshalb so fies klingt, weil sein FC Schalke ein paar Stunden zuvor daheim gegen Köln verloren hat? Gut möglich. In jedem Fall ein extrem geiler Gig, der den dauergrinsenden Gitarristen Bernd „Bernemann“ Kost und Neu-Drummer Markus Freiwald gewiss glücklich zum Feierabend-Bier hat greifen lassen. Beim sichtlich gerührten Tom muss man sich diesbezüglich eh keine Sorgen machen.

ARCH ENEMY werden danach nicht ohne Skepsis empfangen. „Passt das mit Shreddergott Jeff Loomis als neuem Gitarristen?“, lautet die eine Frage der Oldschool-Gemeinde. „Kann die blauhaarige Alissa White-Gluz mehr als nur scharf aussehen?“, die andere, bestimmt nicht minder drängende. Beides lässt sich schon nach dem an zweiter Stelle platzierten und extrem tight dargebotenen Klassiker ‚Ravenous‘, mit ja beantworten. Loomis gewährt Mastermind Michael Amott in Sachen Stageacting die erste Geige, die Twin-Soli sind dafür ein Lehrstunde in Sachen Präzision.

Und Frau White-Gluz springt nicht nur wie ein bockiger Gaul über die Bretter, ihr Gebrüll klingt weniger effektgepimpt als das ihrer Vorgängerin Angela Gossow. Bei Songs wie ‚Bloodstained Cross‘ oder dem überragenden ‚Dead Eyes See No Future‘ ertappt man sich trotzdem beim Gedanken, wieviel geiler das alles noch mit einem richtigen Sänger (oder einer Sängerin) vom Format Harry Conklin oder Leather Leone klingen würde. Rein musikalisch sind ARCH ENEMY zweifellos der Sieger des Abends.

KREATOR haben live noch nie was anbrennen lassen. Auch auf dieser Tour frisst Mille, Jülle, Speesy & Sami die moshende Menge aus der Hand. Trotzdem hat sich bei mir der Eindruck verfestigt, dass die alten Essener seit ‚Violent Revolution‘ nicht nur bei ihren Alben auf Nummer sicher gehen, sondern auch auf der Bühne allzu sehr aufs Prinzip Crowdpleasing setzen. Klar dürfen Standards wie ‚Extreme Aggression‘, ‚Pleasure To Kill‘ oder ‚People Of The Lie‘ als Eckpfeiler eines KREATOR-Sets nicht fehlen, auch ‚The Number Of The Beast‘ haben sie richtig gut drauf – warum die „experimentelle“ Phase der Diskographie von ‚Renewal‘ bis ‚Enorama‘ allerdings fast gänzlich außen vorbleibt, ist gerade auf einer Tour ohne brandneues Album schwer nachzuvollziehen. An Milles großintellektuellen Ansagen („München, seid ihr bereit, euch gegenseitig umzubringen?“) wird sich in diesem Leben eh nichts mehr ändern lassen. Vielleicht kann Onkel Tom dem grimmigen Kollegen Petrozza auf dessen mittelalte Tage ja noch ein bissl mehr Lockerheit beibringen…

Setlist VADER:

Abandon All Hope
Go to Hell
Sothis
Triumph of Death
Where Angels Weep
Carnal
Come and See My Sacrifice
Hexenkessel
Wings

Setlist SODOM:

Agent Orange
Remember the Fallen
Surfin‘ Bird / The Saw is the Law
Tired and Red
Outbreak of Evil
City of God
Ausgebombt
Sacred Warpath
Sodomy and Lust
Blasphemer

Setlist ARCH ENEMY:

War Eternal
Ravenous
My Apocalypse
You Will Know My Name
Bloodstained Cross
Under Black Flags We March
As the Pages Burn
Dead Eyes See No Future
No Gods, No Masters
We Will Rise
Nemesis

Setlist KREATOR:

Violent Revolution
Civilization Collapse
From Flood into Fire
Extreme Aggression
Phobia
Enemy of God
Voices of the Dead
Endless Pain
Suicide Terrorist
Phantom Antichrist
Impossible Brutality
Hordes of Chaos
Pleasure to Kill
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The Number of the Beast (IRON MAIDEN – COVER)
Warcurse
People of the Lie
Flag of Hate
Tormentor