Livehaftig

PRETTY MAIDS, BONFIRE, LOVE.MIGHT.KILL

08.10.2013 – Bremen, Aladin


Während vor knapp einer Woche ein Deutsch-Metal-Tross, angeführt von GRAVE DIGGER, nach nebenan ins kleinere Tivoli ausweichen musste und nur ca. 200 Fans aktivieren konnte, sah die Sache bei den dänischen Altmeistern von PRETTY MAIDS schon ganz anders aus. Mit ca. 550 Besuchern, fanden sich fast dreimal so viele Metal Begeisterte im großen Saal des altehrwürdigen Aladins ein.
Während ich beim Betreten der Location eigentlich noch davon ausgegangen war, am Abend für den kulanten Preis von 20 Euro nur zwei Bands sehen zu dürfen, so ließ allein der Blick auf den umfangreichen Merchandise Stand (an welchem ein offensichtlich notgeiler Verkäufer unter anderem Plektren für 2 Euro oder ein paar entblößte Damenbrüste feilbot – soweit ich das mitbekommen haben, ging die angepriesene Ware an dem Abend weder auf die eine noch die andere Art über den Tresen) schon Zweifel aufkommen, denn dort gab es neben den obligatorischen BONFIRE und PRETTY MAIDS Leibchen auch Shirts von LOVE.MIGHT.KILL zu erwerben.

Und so kam es dann auch: Als erste Band des Abend enterten LOVE.MIGHT.KILL, die Combo von GAMMA RAY Schlagwerker Michael Ehre, die Bühne, was allerdings nicht Allen so schnell klar wurde, wie dem Sherlock-Holmes-mäßigen Verfasser dieser Zeilen, denn die erstaunte Frage: „Haben BONFIRE einen neuen Sänger? Das ist doch nicht Claus Lessmann!“ war zu vernehmen.

Nein, das war natürlich nicht Claus Lessmann und da die anderen Musiker auch mindestens gute zehn Jahre jünger waren als die BONFIRE Haudegen – und noch dazu ganz andere Songs spielten, hätte man eigentlich auch schneller darauf kommen können, dass es sich in der Gänze nicht um die bayrischen Hardrocker handelt. Als tatsächlicher Frontmann ließ bei LOVE.MIGHT.KILL übrigens der Italiener Jan Manenti seine Stimmbänder vibrieren und hinterließ mit seinem melodischen Organ, einen sehr soliden Eindruck.

Auch wenn LOVE.MIGHT.KILL mit ‚Brace For Impact‘ (2011) und ‚2 Big 2 Fail‘ (2012) bereits zwei Alben veröffentlicht haben, so dürften die meisten Anwesenden, noch nicht sehr viel von der Band gehört haben, aber Tracks wie der Opener ‚XTC‘ oder ‚Burn The Night‘ kamen bei Publikum gut an und es gab ordentlichen Applaus für die engagierte Performance. Es wurden auch nicht nur Tracks des aktuellen Werks – wie den genannten oder ‚Restless Heart‘ – gespielt, sondern auch Songs vom Debüt wie dem Rausschmeißer ‚Pretty Little Mess‘ – als solchen kann man LOVE.MIGHT.KILL wahrhaftig nicht bezeichnen und einige Aladin-Besucher nutzen die Chance sich in der Umbaupause noch flugs eine CD dieser neu entdeckten und für gut befundenen Band zu sichern.

Dann folgten aber wirklich BONFIRE (natürlich mit Claus Lessmann!) und eröffneten ihren eingängigen Set mit ‚Bells Of Freedom‘. Als Begrüßung wählte der blonde Frontmann den in der Sportschau zum Kult gewordenen Spruch „N’Abend allerseits!“. Aus mir unerfindlichen Gründen hatte der gute Claus den aus Nordrhein-Westfalen stammenden (Ratingen) und auch dort ansässigen (Leverkusen) Moderator Heribert Faßbender als Bremer in Erinnerung und ritt zum Erstaunen des Publikum einige Minuten auf diesem falschen Fakt herum – na ja, wollen wir es ihm nicht vorhalten, für richtige Norddeutsche ist ja auch alles südlich von Hannover sofort Bayern.

Mit ‚Tony’s Roulette‘, ‚Never Mind‘, ‚Hot To Rock‘ und ‚Don’t Touch The Light‘ machte die Band richtig Stimmung, aber das sind halt auch Kompositionen, die man direkt beim ersten Hören gleich mitsingen kann. Nach dem ‚Fireworks‘ Track (vor welchem sich Mr. Lessmann artig bei den Fans für seine „Goldene Schallplatte“ bedankte) ‚Fantasy‘ kam es bei ‚You Make Me Feel‘ zu aufkommender Lagerfeuer-Romantik, denn es wurden erstmal die Akustik Gitarren herausgeholt. Noch schwülstiger wurde es dann bei der Pratioten-Hymne ‚Proud Of Our Country‘.

Ich will der Band mal nichts übles unterstellen, aber ein Bayer, der auf englisch einen Song singt, wie stolz er auf Deutschland ist und das Lied mit den Klängen der Nationalhymne ausklingen lässt, hat zumindest mal was Realsatirisches. Glücklicherweise ging es dann weniger peinlich weiter mit ‚Under Blue Skies‘ und ‚Just Follow The Rainbow‘ ehe der Gig durch ‚Sweet Obsession‘ beendet wurde. BONFIRE boten eine solide musikalische Leistung, allerdings ist ihr simpler und eingängiger Hardrock nicht die Mucke, die ich mir täglich anhöre, da ab und an für meinen Geschmack doch zu tief in den Schmalztopf gegriffen wurde. Zentrum der Show ist nach wie vor Fronter Claus Lessmann, bei dem allerdings auch nicht jeder lustig gemeinte Spruch griff, der aber gesanglich keine groben Fehler machte und zusätzliche Sympathiepunkte gewann, da er mit einem PRETTY MAIDS Shirt auftrat. Sein abschließender Gruß „Frohe Weihnachten!“ war Anfang Oktober allerdings auch ein bisschen verfrüht.

Nach einer gefühlt nicht enden wollenden Umbaupause erklang dann schließlich um 22:30 Uhr doch endlich der Introsong ‚The Boys Are Back In Town‘ von THIN LIZZY und dann kamen sie, die Boys, die Maids, die PRETTY MAIDS. Mit zwei Tracks vom neuen Album ‚Motherland‘: ‚Mother Of All Lies‘ und ‚I See Ghosts‘ hatten Ronnie Atkins, Ken Hammer und Co. vielleicht nicht den optimalen Einstieg gewählt, denn zwar gefällt mir das neue Werk ausgezeichnet, aber das Aladin-Publikum war eher gekommen, um die alten Hits zu hören.

Das ließ sich auch an der Publikumsreaktion zum ‚Future World‘ Track ‚Love Games‘ deutlich ablesen, aber die Band wollte wohl ihr partout ihr aktuelles Studioalbum promoten, denn sowohl der Titelsong ‚Motherland‘ als auch ‚Sad To See You Suffer‘ folgten im Anschluss. Das erste absolute Highlight war dann aber ‚Yellow Rain‘, bei dem sich Ronnie Atkins zurücknehmen konnte, denn der Track wurde vom ganzen Saal mitgesungen. Immer wenn man dachte, jetzt geht’s richtig los, nahm die Band unverständlicherweise wieder Dampf raus und so mussten die Zuschauer danach ein kurzes aber trotzdem immer noch überflüssiges Drum Solo von Allan Tschicaja zu ertragen, ehe mit ‚Savage Heart‘ und ‚Rodeo‘ wieder Boden gut gemacht wurde.

Das John Sykes Cover ‚Please Don’t Leave Me‘ wollte Ronny eigentlich allen Damen im Publikum widmen, aber als die sich nicht lautstark genug zu Wort meldeten, wurde die Widmung auf alle „Anwesenden mit schwarzen Shirts“ erweitert, womit ca. 99% der Besucher abgedeckt sein durften. Nach ‚I.N.V.U.‘ von ‚Pandemonium‘ und dem Überhit ‚Red, Hot And Heavy‘ verabschiedete sich die Band nach nur 60 Minuten bereits zum ersten Mal von der Bühne.

Natürlich gab es wieder das übliche Zugabe-rufen-und-zurück-auf-die Bühne-kommen-Spiel, schließlich war jedem Anwesenden klar, dass die Jungs ohne ‚Back To Back‘ und ‚Future World‘ schlecht das Aladin verlassen konnten und da waren sie dann auch wieder und spielten die erwarteten Hits (geteilt vom eher unerwarteten ‚Little Drops Of Heaven‘), aber danach war endgültig und unwiderruflich Schluss.

Musikalisch kann man der Band kaum was vorhalten, leider war insgesamt der Sound recht Schlagzeug-lastig, während man Ken Hammers Gitarrenspiel teilweise nur erahnen konnte, lediglich bei seinen Soli war der stämmige Klampfer deutlich hörbar präsent und auch die Songauswahl war m.E. nicht optimal – ein paar eingebaute Überraschungen wären super gewesen. Größtes Manko des Abends war aber leider die kurze Spielzeit der Dänen, denn wer vor so einem coolen und teilweise echt frenetischen Bremer Publikum auftritt, der darf seinen Headliner Gig gerne auf mindestens 90 – 100 Minuten ausdehnen, zumal ich sicher bin, dass alle Anwesenden bei weiteren Tracks wie z.B. ‚Coldkiller‘, ‚Nowhere To Run‘, ‚Queen Of Dreams‘ (der bei den September Gigs dieser Tour sogar noch gespielt wurde!), ‚We Came To Rock‘, ‚Needles In The Dark‘ oder gar einer Ballade wie ‚Eye Of The Storm‘ steil gegangen wären (bei einem Backkatalog von über ein Dutzend Studioalben ist doch wahrlich genug Material vorhanden). Aber so war es halt kein genialer und unvergesslicher, sondern nur ein guter Konzertabend Anfang Oktober im Bremer Aladin.

BONFIRE Setliste:

‚Bells Of Freedom‘
‚Tony’s Roulette‘
‚Never Mind‘
‚Hot To Rock‘
‚Don’t Touch The Light‘
‚Fantasy‘
‚You Make Me Feel‘
‚Proud Of Our Country‘
‚Under Blue Skies‘
‚Just Follow The Rainbow‘
‚Sweet Obsession‘

 

PRETTY MAIDS Setliste:

Intro: THIN LIZZY – ‚The Boys Are Back In Town‘

‚Mother of All Lies‘
‚I See Ghosts‘
‚Love Games‘
‚Motherland‘
‚Sad To See You Suffer‘
‚Yellow Rain‘
– Drum Solo –
‚It Comes At Night‘
‚Savage Heart‘
‚Rodeo‘
‚Please Don’t Leave Me‘
‚I.N.V.U.‘
‚Red, Hot and Heavy‘

‚Back to Back‘
‚Little Drops of Heaven‘
‚Future World‘

Outro: MONTY PYTHON – ‚Sit On My Face‘