Livehaftig

ALL THEM WITCHES, THE GHOST WOLVES

12. Oktober 2017, Frankfurt am Main, Das Bett


ALL THEM WITCHES `Sleeping Through The War` Album gehört zweifelsohne zu den bisherigen Jahreshighlights und das zeigt auch das prall gefüllte Bett in Frankfurt. Selbst zur Bar durchquetschen ist nicht lustig. Dass die Amis szenenübergreifend Fans haben ist hier deutlich zu sehen. Zwischen Altrocker, Jungs mit Metalkutte, Szenehipster und pubertären Vollbartträgern (die Lächerlichkeit schlechthin, das muss ich einfach loswerden) ist alles angetreten an diesem Abend. Es ist die letzte Show auf deutschen Boden und die Band wirkt sehr relaxt.

Die letzten Töne von BLACK SABBATHs `War Pigs` wabern aus den Boxen als ein Musiker nach dem anderen gemütlich auf der Bühne erscheint. Schon erstaunlich, dass eine Band wie ALL THEM WITCHES, mit solch einem abgefahren Stil so unspektakulär und neutral rüberkommt. Sänger und Bassist Charles Michael Parks, Jr. ist die Unauffälligkeit in Person und erinnert doch irgendwie an Jim Carrey.

Der Sound wird von seinem Bass dominiert und dringt bis in die kleinsten Körperzellen vor. Von der ersten Minute an bewegen sich die Oberkörper der Anwesenden wellenartig zu den Songs, grooven, moven, saugen die rhythmischen Orgien der vier Amis komplett auf. Der Sound ist recht laut, aber ausgewogen. Gitarrist Ben McLeod steht fast durchgehend auf seinem schwach ausgeleuchteten Platz und liefert präzise Riffs. Die schon auf den Alben emotionalen Songs mit krassen atmosphärischen Sprüngen wirken live noch intensiver.

Die Übergänge zwischen ruhigen und harten, treibenden Passagen sind fast schon brutal zu nennen. Darüber legt Parks seine eindringliche Stimme, die das düstere Schema der Songs noch verstärkt. Viel zu sagen hat er zwischen den Stücken nicht. Er beginnt Konversationen die im Nichts verlaufen, weil ihm nicht viel einfällt. Allerdings spricht die Musik für ihn. Drummer Robby Staebler arbeitet hart. Er gibt das Tempo vor und immer wenn es richtig zur Sache geht, setzt er noch einen drauf. Dass sich die Setlist mehrheitlich aus Stücken von `Sleeping Through The War` zusammensetzt, ist erfreulich, denn hier sind die Übergänge intensiver, saubererer als bei älteren Stücken. Das haut massiv rein.

Das Triple `Internet`, `Bulls` sowie `Alabaster` gegen Ende des knapp 100 Minuten langen Sets ist schlicht magisch. Massive Power, brachiale Intensität und die perfekte Instrumentierung machen sprachlos. Gerade bei den harten, energisch-treibenden Passagen laufen die Amis zur Hochform auf.

ALL THEM WITCHES sind Perfektionisten, Nerds, die sich an ihren Songs und Meisterwerken abarbeiten, sich Freiraum lassen, um hier und da Improvisations-Passagen einzubauen. Grandioser Auftritt einer Band, die eine echte Bereicherung der Szene darstellt.

Vorband war das texanische Duo THE GHOST WOLVES, das mit minimalistischem Sound die Leute anheizte. Mann am Schlagzeug, Frau an Gesang und Gitarre. Als die beiden auf der Bühne erscheinen und die Lady ins Mikro spricht meint man sich verhört zu haben. Irgendwo zwischen Micky Maus und einem Kleinkind, das einen Heliumballon ausgesaugt hat, klingt die Stimme. Das Schlagzeug gibt den Rhythmus vor, die Gitarre wird noise-lastig eingesetzt.

Das Material ist meist treibend und roh und hat dennoch einen gewissen Charme. Stilistisch zwischen Alternative, Noise und Metal.

Konstant in Bewegung, konstant am Kommunizieren. Insgesamt eine interessante Darbietung, was auch die Anwesenden lautstark zu honorieren wissen.