Redebedarf

PHANTOM WINTER

Interview mit Andreas Schmittfull


Ein Interview mit der ersten Nachfolgeband, die sich nach dem Split von OMEGA MASSIF auf den Weg Richtung Neuanfang gemacht hat, war uns ein Bedürfnis, so dass umgehend Gitarrist, Songschreiber und Bandleader Andreas Schmittfull von PHANTOM WINTER genötigt wurde, uns Rede und Antwort zu stehen.

Hallo, Andreas! Erst einmal meinen Glückwunsch zu Eurem wundervollen Erstling ´Cvlt´. Doch kannst Du uns vielleicht zu Beginn etwas ausführlicher erzählen, wie es zur plötzlichen Trennung – nach dem Festival vor einem Jahr – von OMEGA MASSIF kam?

Hi! Eigentlich gibt es da nicht viel zu erzählen. Es war wohl musikalisch alles gesagt und wir brauchten da mal ein paar Neuerungen. Ich wollte das erst nicht so wahrhaben, aber jetzt bin ich ganz zufrieden mit der Entwicklung.

Gab es keinerlei Möglichkeiten das Bandgefüge wieder in Ordnung zu bringen oder in einer anderen Konstellation als OMEGA MASSIF weiter zu arbeiten?

Anscheinend nicht. Ich kann dir da auch nicht so viel mehr sagen. Die Band wird es definitiv nicht mehr geben und eine andere Konstellation stand auch nicht zur Debatte.

Zwischenzeitlich hast Du jedoch bereits an eigenen Songideen herumgewerkelt. Wie kam es dann zur Gründung von PHANTOM WINTER?

Ich habe schon kurz vor dem Ende von OMEGA MASSIF an PHANTOM WINTER-Songs gearbeitet, als Projekt, in dem ich mich verwirklichen kann. Und als dann Schluss war, war es irgendwie logisch, dass ich da schnellstmöglich anknüpfe. Christof war begeistert von meinen Ideen und hatte ebenso wie ich Lust darauf, wieder ein paar Schritte zurück zu gehen, mehr Richtung „kalt“. Roher, direkter, böser sollte alles werden. Und so ist dann aus dem Projekt eine Band geworden.

War von Anfang an klar, dass die Band keine reine Instrumental-Combo werden sollte?

Auf jeden Fall. Wir wollten keinen Abklatsch, OMEGA steht für sich und wird immer seine Berechtigung haben, da wollten wir nicht versuchen, irgendwie 1:1 das Gleiche zu machen. Christians und meine Stimmen sind zusätzliche Instrumente, die die Bandbreite des Sounds noch erweitern. Das gefällt uns. Und es ist auch schön, dass man mit Hilfe von Texten der „Wie, ne Instrumental-Band die nicht unpolitisch ist, was soll der Scheiß“-Fraktion keine Angriffsfläche bietet. Das war bei OMEGA manchmal etwas nervig.

Wie konntet Ihr eigentlich so schnell neue Leute finden, denn die Meldung von der Bandgründung kam ja recht schnell nach der Trennung?

Hm, das war irgendwie ein Selbstläufer. Ich wusste, dass Christian gerade keine Band hat, Martin, der bisher eher Hardcore oder Punkrock gemacht hat, wollte auch mal was anderes ausprobieren, weil er auch gern so Musik hört und David kam recht spät hinzu, der hat auf FB spitzbekommen, dass wir noch einen Gitarristen brauchen. Er ist auch der einzige, den ich vorher nicht kannte.

Sind die anderen Jungs von bekannteren Gruppen?

Alle haben schon Musik gemacht oder machen Musik. David spielt bei einer Band namens BAIT, Martin hatte bis vor kurzem LIFE OF AN OWL, Christians Band hieß IT´S A TRAP YOU FUCKING PRIMATE. Alles eher nicht so bekannt, denke ich, aber absolut hörenswert!

Habt Ihr denn alle einen ähnlichen musikalischen Background?

Wie schon gesagt, teilweise ja, teilweise gehen wir da unterschiedliche Wege. Ich denke, da decken wir über Punk und Hardcore, Metal, Jazz, Indie, HipHop wasweißich so ziemlich viel ab. Und das ist auch das schöne dran. Viele Einflüsse, interessante Ergebnisse.

Wie sind dann schließlich die Songs, die auf dem Album gelandet sind, entstanden – wurden sie gemeinsam geschrieben?

Die Songs habe tatsächlich ich geschrieben, das hat sich irgendwie so daraus entwickelt, dass ich die Band ja vorher schon gegründet hatte und der Großteil schon stand, bevor der Rest dazukam. Das ist eine ganz gute Herangehensweise. Ich schleppe nahezu fertige Songs an, wir beratschlagen zusammen und machen dann eine runde Sache daraus. Das ist schnell, effektiv und ich kann einer Vision folgen und jeden Song in Bezug auf Text und Musik zu einem in sich schlüssigen Ergebnis bringen. Und solange die anderen mit meinen Vorschlägen zufrieden sind, klappt das ja auch ganz gut.

Benötigst Du zum Schreiben der Musik eine ganz besondere Stimmung oder sind dies plötzliche Eingebungen?

Es sind tatsächlich eher plötzliche Eingebungen. Ich muss Zeit haben, mich mal ein paar Stunden am Stück im Proberaum einzugraben, und ich muss mir vorher ein paar Ideen im Kopf zurechtgelegt haben, dann funktioniert das ganz prächtig. Eine besondere Stimmung kann natürlich auch mal zu einer Eingebung führen.

Wer schreibt von Euch die Lyrics zu den Liedern?

Das mache auch ich. Wie gesagt, es soll eine runde Sache entstehen. Und ich mag es, wenn die Musik den Text unterstützt. Nehmen wir ´Svffer´. Es geht um den Holocaust und den Umgang der Deutschen damit. Die Musik zu dem Text ist sehr monoton, teilweise ist das für den Zuhörer auch schon eine Herausforderung, da am Ball zu bleiben, aber das gehört dazu, denn der Holocaust war ein langwieriges und unvorstellbar schreckliches Verbrechen, das niemals in Vergessenheit geraten darf.

Wollt Ihr Euch als politische Band präsentieren oder liegen Euch die Themen der Songs einfach nur am Herzen?

Jeder Mensch ist politisch, auch wenn er behauptet, unpolitisch zu sein, das ist nämlich auch eine politische Aussage. Prinzipiell liegen mir die Themen der Songs am Herzen, ja. Sie sind eine Art Erinnerung an mich selbst, mich nicht ganz aufzugeben. Und wir hatten auch keine Lust, in diesem komischen „unpolischerMetalmitkomischenEsotheriktexten“-Brei unterzugehen. Die Leute sollen wissen, was sie bei uns bekommen.

Gerade `Finster Wald´ und `Svffer´ finde ich äußerst gelungen – gibt es persönliche Erfahrungen, die zum Schreiben dieser Texte geführt haben?

´Finster Wald´ ist eben das Warnschild für alle „HauptsachedieMusikistcool“-Menschen, denen egal ist, ob ein Bandmitglied Neonazi ist, schon mal jemanden getötet hat, oder ob eine Band von Esotherikvollschrott und guten alten Werten singt. Das ist nicht besonders „evil“, sondern besonders „dumm“. Und ´Svffer´ beinhaltet ein Thema, das mir sehr oft im Kopf herumschwirrt. Die Relativierung des Holocaust und das genervte Getue vieler Deutscher, man „müsse die Vergangenheit doch endlich mal ruhen lassen“, ist absolut inakzeptabel. Es ist da etwas passiert, was unvorstellbar grausam ist. Und wenn man daran nicht gedenkt oder daran erinnert, wird es sich wiederholen. Antisemitische Anschläge haben sich allein im letzten Jahr nahezu verdoppelt. Man kann nicht oft genug vor der Vergangenheit und der Gegenwart warnen.

Ist es aber letztlich nicht sehr schade, dass man die Texte kaum verstehen kann, selbst wenn die Texte mitgelesen werden?

Cool kids read lyrics.

Ok, aber versteht Ihr denn Euch generell noch sehr als Band mit einem hauptsächlich instrumentalen Hintergrund, oder anders gefragt, seht Ihr den Gesang nur als ein weiteres Instrument?

Der Gesang ist ein zusätzliches Stilmittel, aber genauso, wie schon vorher angesprochen, die Möglichkeit, den Leuten einen Anhaltspunkt zu geben, um was es uns geht. Instrumental sind wir natürlich nicht, auch wenn in Zukunft vielleicht mal ein instrumentaler Song kommen könnte.

Was steht als nächstes an – habt Ihr schon eine Tour im Auge?

Wir spielen 2015 ca. 20 Shows, längere Touren sind uns leider aufgrund unserer persönlichen Situationen nicht möglich, aber 20 Shows reichen uns eigentlich völlig. Das Ganze soll ja nicht zur Arbeit werden und immer Spaß machen.

Dank Dir, Andreas.

Danke Dir auch!