MeilensteineVergessene Juwelen

KERRY LIVGREN – Seeds Of Change

(1980 Kirshner/CBS) – Stil: Progressive Rock


Im Zuge des begeisterten neuen KANSAS-Albums `The Prelude Implicit` habe ich mich beglückenderweise mal wieder durch den Backkatalog der Band gehört und zudem auch in die eine oder andere Soloaffäre diverser KANSAS-Musiker erneut eingearbeitet. Dabei blieb natürlich KERRY LIVGRENs `Seed Of Change` hängen.

KERRY LIVGREN war einer der Gründungsmitglieder und zudem einer der führenden Songwriter bei KANSAS. Sein erstes Soloalbum veröffentlichte er mit `Seeds Of Change` schon 1980 als er noch Mitglied bei KANSAS war, sich aber kurz vorher privat religiös neu ausgerichtet hatte. Diese Ausprägung hinterließ daher textlich erste Spuren auf seinem Soloalbum.

All my life I looked for something real
Place to place I wandered restlessly
I just needed something I could feel
And when I found the Truth it set me free
Just one way, just one way, just one way
From the dark to the Light there’s
Just one way…

`Seeds Of Change` orientiert sich mit Abstrichen erwartungsgemäß an KANSAS. Zudem tummeln sich auf diesem Album jede Menge befreundete Musiker, die das Album deutlich bereichern. An erster Stelle sind sicher Ronnie James Dio und seine damaligen Mitmusiker bei KANSAS wie Phil Ehart, Robby Steinhardt und Sänger Steve Walsh zu nennen.

Die Höhepunkte dieses Album sind zweifelsohne die beiden Songs bei denen Dio singt (´To Live For The King´, ´Mask Of The Great Deceiver´), sowie `How Can You Live` mit Steve Walsh als Sänger. Was andererseits nicht heißen soll, dass die vier restlichen Tracks des Albums schlecht sind, sie klingen im Vergleich zu den erwähnten Stücken nur weniger prickelnd. Während `How Can You Live` nahezu wie ein reinrassiger KANSAS-Song klingt, wirken Lieder wie `Just One Way` oder `Whiskey Seed` wie abgeschwächte KANSAS-Stücke, mit deutlich melodischerer Ausrichtung, ohne dass der Begriff Progressive Rock außen vor bleibt. Irgendwie klingen einfach typische KANSAS-Bestandteile in jedem Song durch, was deren Anhänger zu schätzen wussten und wissen.

Von den beiden Songs, bei denen Dio singt, ist `To Live For The King` der eindeutig stärkere. Hymnisch, episch, ein Song, der auf jedem DIO-Album oder gar auf BLACK SABBATHs `Heaven And Hell` seinen Platz gefunden hätte. `Down To The Curse` ist wohl einer der ungewöhnlichsten Songs des Albums, der in Passagen an die ATLANTA RHYTHM SECTION erinnert. Sehr interessante Konstellation, denn von Bandmitgliedern der ATLANTA RHYTHM SECTION sind hier Gasteinsätze zu finden, ebenso auf den restlichen Songs von Members der Bands JETHRO TULL, AMBROSIA und LE ROUX. Das albumschließende `Ground Zero` ist noch einmal ein starkes Stück Progressive Rock, bei dem sich klassische Elemente mit KANSAS Versatzstücken kreuzen. Gerade der Gesangsteil ist großartig, ebenso wie die bombastischen Einlagen. Toller Song.

Across the sea and far away, the eyes of all the world
Await the Passion play
The final act at last has begun, the new is born
The old is bound to pass away
No more turn of the pages
And now the hope of the ages
For all the bondage is broken, all who see
The day is coming when men will look to the skies
The consummation of all who realize
(We are) Waiting for Ground Zero

Immerhin, das Album gibt es für billiges Geld als Vinyl, während aktuell beim Kauf einer CD die ‚Rock Candy‘-Version vorzuziehen ist. Die ‚Renaissance Records‘-Version von 1996 war dagegen mit einem Livgren-Interview aufgewertet, ist aber inzwischen sehr schwierig zu finden. Wer KANSAS mag, sollte sich dieses erste KERRY LIVGREN-Soloalbum auf jeden Fall nicht entgehen lassen. DIO-Fans dürfen aufgrund der beiden Songs ebenfalls zuschlagen und dabei eventuell sogar Gefallen an dem restlichen Material finden.