MeilensteineVergessene Juwelen

HEAVEN – Where Angels Fear to Tread

(CBS / Brighten Records 1983/ Old School Records 2011)


HEAVEN gehören zu den großen Unbekannten der australischen Rockszene. Trotz eines Majordeals und großen Tourneen mit DIO und MÖTLEY CRÜE in den USA ist die ursprünglich aus Adelaide kommende Band immer noch ein Geheimtipp. Spricht man von australischen Bands, werden HEAVEN in keiner Sekunde erwähnt, dabei hat die 1980 gegründete Band einiges zu bieten, das selbst heute noch topaktuell ist. Aber fangen wir von vorne an. Allen Fryer hat die Band in Adelaide gegründet, ist dann aber schnell nach Sydney gezogen wo die Szene deutlich attraktiver war. Nicht bestätigten Gerüchte zufolge war Fryer kurzfristig sogar als Bon Scott Ersatz im Gespräch, eine Audition bot man ihm jedoch nie an. Anyway, Michael Browning, in den Siebzigern Manager von AC/DC, wurde auf HEAVEN aufmerksam und nahm sie auf seinem neugegründeten Label DeLuxe unter Vertrag, bei dem auch INXS unterschrieben hatten. Das Debut wurde unter dem Titel `Twilight Of Mischief` 1982 in Australien veröffentlicht. In den USA wurde das Album unter dem Titel `Bent“ mit einem anderen Cover veröffentlicht und ein Track ausgetauscht. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass ex-ROSE TATTOO Gitarrist Mick Cocks nach der Veröffentlichung zur Band stieß und auf der US-Pressung als Gitarrist genannt und auch abgebildet wird! `Bent“ ist ein klassisches Stück Aussie Pub Rock, das eine Schnittmenge aus AC/DC und THE ANGELS bietet. Kraftvolle Rocker mit flotten Melodien und noch genug Biss um auch heute noch vielen Rotzrock Truppen in den Arsch zutreten. Die Band siedelte vor den Aufnahmen zu `Where Angels Fear to Tread` nach L.A. über und spielte an der Westküste mit ziemlichem Erfolg Soloshows und einige Touren, u.a. mit den oben genannten Bands.

Auf `Where Angels Fear to Tread` finden sich u.a. LITA FORD, GLENN HUGHES und DIO (ist als EVIL EYES geführt!!!) als Gäste. HEAVEN liefern hier erneut ihre musikalische Schnittmenge aus AC/DC und THE ANGELS und pimpen diese Stücke mit einer dezenten Note Kommerzialität auf, was die Mucke noch effizienter macht. Man forderte eine gewisse Eingängigkeit geradezu heraus und die Rechnung ging auf, trotz der rotzigen Spielweise von Gitarrist Mick Cocks. Fryer`s Gesang rundet diesen bissigen Mix solide ab und heraus kommen erstklassige Arschtreter mit all den liebgewonnen Trademarks die man von australischen Bands erwartet. Interessanterweise wurde das Album nie offiziell auf CD veröffentlicht und so machte sich das altbekannte Bootlegger- Label Old School Records daran diese Lücke zu schließen. Zwischen 2008/2009 müßte die CD veröffentlicht worden sein. Der Clou dabei ist, man hat dem Album sieben live Bonustracks spendiert die eine hervorragende Livequalität besitzen und im Januar 1984 mitgeschnitten wurden. Aber dazu später. `Where Angels Fear to Tread` beginnt mit dem gleichnamigen Titeltrack. Ein obergeiler Up-tempo Rocker mit bissigem Riff und einem Refrain den sich AIRBOURNE auf ihrem letzten Album zu nutze gemacht haben! Das folgende `Love Child` ist eine DIANA ROSS Coverversion mit exzellenter Gitarrenarbeit und unglaublichem Hitpotential in der HEAVEN Version. Der Refrain erinnert manchmal an WASP zu deren Debut Zeit, nur eben mit einer Bon Scott Komponente. `Scream For Me` ist relativ melodisch gehalten und zeigt die etwas feinfühligere Seite der Rocker. Ein netter Rocker der zeigt, dass Fryer ein exzellenter Sänger und Komponist ist und ein gutes Gefühl für Hits hatte. Das folgenden `Don`t Mean Nothin„ ist ähnlich aufgebaut und glänzt ebenso mit einer Killermelodielinie und einem stampfenden Beat der durch die bissige Gitarre nach vorne gedrückt wird. `Rock School` ist eher ein bluesiger Gassenhauer mit prägnantem Riff, Killer Saxophon und erneut mit einem unauslöschlichen Refrain. Alles gut verpackt in australische Pub Rock Attitüde. AIRBOURNE und Co. wären froh so einen Track schreiben zu können. Das folgende `Madness` ist ein krachender Up-Tempo Rocker der irgendwo zwischen ROSE TATTOO und THE ANGELS liegt! Unglaublich geil. Auch hier wieder ein unauslöschlicher Refrain! `Hard Life` geht ganz stark in Richtung AC/DC und hier offenbart Fryer`s Gesang deutlich Parallelen zu Bon Scott. `She Stole My Heart` ist recht simpel und ohne große Stärke. `You` ist dagegen ein knackiger Boogie-lastiger Rocker der auf jedem THE ANGELS Album hätte bestehen können! Was für ein Rhythmus! Und das albumschließende `Sleeping Dogs` wird von einem mörderischen Riff dominiert das sich grundsolide in die Gehörgänge bohrt! So etwas kriegt heutzutage keine Rotzrock Kapelle mehr hin! Obwohl jeder Song eine deutliche Melodie bereit hält wirkt keiner der Songs auch nur im Ansatz kommerziell, sondern rau und ehrlich. Die Live Bonustracks zeigen dann eine Band die Live noch mehr Feuer unterm Arsch hat und rockt wie Hölle. Fryer`s Gesang kommt live noch rotziger rüber und die Gitarrenfraktion wirkt äußerst fies. Zwischen den sieben Livesongs finden sich zwei Tracks, `Suck City` und `In The Beginning` vom `Bent` Album, der Rest ist von `Where Angels Fear to Tread`. Die Qualität ist exzellent, weiß der Teufel woher die Aufnahmen stammen. Wer auf Aussie Sound steht der MUSS dieses Album und seinen Vorgänger `Bent` sein Eigen nennen. Unverfälschter Aussie Rock aus der glorreichen Zeit!

Das Vinyl findet sich auf Börsen noch für einen Zehner und für knapp 15 Dollar kriegt man die „Reissue“ CD mit dem Bonusmaterial aus dem Hause Old School Records auf amazon.com, nicht de!!!!! Ich schließe diese Albumempfehlung mit einer Textzeile aus `Rock School`: ”…who needs to be an Einstein to know that rock will last…”. Aber Stopp, ganz fertig sind wir noch nicht. Mick Cocks stieg nach diesem Album wieder aus, was HEAVEN aber nicht belastete, denn mit einem weiteren Album 1985, `Knockin`On Heaven´s Door`, versuchte man es weiter und scheiterte. 1984 kam angeblich über King Biscuit Flower Hour ein Livealbum mit dem Titel `Live In Texas` raus, das mir bisher jedoch noch nicht über den Weg gelaufen ist. Für Tipps bin ich dankbar. HEAVEN gibt es angeblich immer noch, zumindest läst Allan Fryer immer mal wieder ein paar Infos auf die Öffentlichkeit los, aber Fakten hat er bisher keine geschaffen. Wir werden sehen bzw. hören.